Full text: Auswahl für das Feld.

großen Städten eine mannigfaltige Wirksamkeit zu entfalten, deren 
der Urwald nicht bedarf. 
Der vielgerühmte Voluntarismus, die Tätigkeit freier Privat- 
genossenschaften, reicht schlechterdings nicht überall aus, um den 
Bedürfnissen unserer Gesellschaft zu genügen. Das Netz unseres 
Verkehrs hat so enge Maschen, daß sich notwendig tausend Kolli- 
sionen der Rechte und der Interessen ergeben; in beiden Fällen 
hat der Staat die Pflicht, als eine unparteiische Macht versöhnend 
und vorbeugend einzuschreiten. Desgleichen entstehen in jedem 
hochgesitteten Volke große Privatmächte, welche tatsächlich den freien 
Wettbewerb ausschließen; der Staat muß ihre Selbstsucht bän- 
digen, auch wenn sie nicht die Rechte Dritter verletzt. Das eng- 
lische Parlament befahl vor einigen Jahren den Eisenbahngesell- 
schaften, nicht bloß für die Sicherheit der Reisenden zu sorgen, 
sondern auch eine gewisse Anzahl sogenannter parlamentarischer 
Züge mit allen Wagenklassen für den gewöhnlichen Preis abgehen 
zu lassen. Niemand wird in diesem Gesetze, das den niederen 
Ständen das Reisen ermöglicht, eine Uberschreitung der vernünf- 
tigen Grenzen der Staatsgewalt finden. Wer aber im Staate 
nur eine Sicherheitsanstalt sieht, kann diese Maßregel nur mit 
Hilfe einer sehr künstlichen und haltlosen Schlußfolgerung ver- 
teidigen. Denn wer hat ein Recht, zu verlangen, daß er für drei 
Schillinge von A nach B befördert werde? Die Eisenbahngesell- 
schaft besitzt ja kein rechtliches Monopol, und es steht jedem frei, 
eine Parallelbahn zu bauen! Nein, der moderne Staat darf auf 
eine ausgedehnte positive Tätigkeit für die Wohlfahrt des Volkes 
nicht verzichten. In jedem Volke gibt es geistige und materielle 
Güter, ohne welche der Staat nicht bestehen kann. Der konstitu- 
tionelle Staat setzt ein hohes Durchschnittsmaß der Volksbildung 
voraus; nimmermehr mag er dem Belieben der Eltern überlassen, 
ob sie ihren Kindern den notdürftigsten Unterricht gewähren 
wollen; er bedarf des Schulzwanges. Der Kreis dieser für das 
Dasein der Gesamtheit notwendigen Güter erweitert sich unver- 
meidlich mit der zunehmenden Gesittung. Wer möchte im Ernst 
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