Pflug, der Steinbau und die „freie Luft“ der Städte, die strenge
Zucht der Kirche verbreiten sich über die leichtlebigen Völker des
Ostens. Die Handelsplätze Skandinaviens werden deutsch, alle
merkantilen Kräfte des Nordens herrisch ausgebeutet durch die
deutschen Bürger, die sich, alle anderen Völker ausschließend, „reinen
Weg“ in die Fremde erkämpfen. Der deutsche Kaufmann allein
darf das ungastliche Rußland durchstreifen und begleitet, im schweren
Eigenhandel dieser unsicheren Zeiten, selber seine Warenzüge nach
dem deutschen Hofe von St. Peter in der Handelsrepublik Now-
gorod, dem Markte der köstlichen „Peltereien“ des Nordens. Der
deutsche Bürger tritt das Erbe der Wenden an, die Herrschaft auf
der Ostsee; und mit der Hanse entfaltet sich die bürgerliche Kunst
der Gotik. Im Laufe des Jahrhunderts werden selbst die Gebiete
der slawischen Kleinfürsten in Pommern und Schlesien von deutscher
Bildung überherrscht. Ja sogar Polen, das einst die Ansprüche
seiner Lehnsherrlichkeit bis an den Harz getragen, läßt jetzt, rasch
gesunken durch innere Kriege, diesen grandiosen Siegeszug deutscher
Gesittung auf sich wirken. Bis Sendomir und Krakau verbreitet
sich der Einfluß deutschen Gemeindewesens, überall auf kirchlichem
und landesherrlichem Boden erheben sich deutsche Städte. Bloß
der Adel Polens wendet sich in sicherem Instinkte von diesen
unheimischen Gewalten ab und benutzt das eindringende deutsche
Immunitätswesen lediglich um die königliche Gerichtsbarkeit abzu-
schütteln und die Herrschaft polnischer Adelsfreiheit über der Masse
mißhandelter gemeindeloser Bauern zu gründen. Noch weiter gen
Osten drang der deutsche Kolonist. Niederdeutsche Kaufleute, die
nach der verwegenen Weise der Zeit auf kleinen Flußschiffen die
Küste befuhren, wurden vom Sturm in den Meerbusen der Düna
verschlagen. Darauf unterwarf der große Bischof Albert von Bux-
hövden, im Bunde mit deutschen Bürgern und dem ritterlichen
Schwertorden, das ferne Livland, und bald erstanden als deutsche
Städte die geliebten „Täuflinge“ der Hanse, Reval, Dorpat und
und vor allen Riga (1201), das die Wappen von Hamburg und
Bremen in seinem Schilde vereinte.
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