Full text: Auswahl für das Feld.

seine Hintersassen mit anderen Rechten beschenken als jenen, deren 
die Leute des Ordens genießen. Damit das Bewußtsein unbe— 
dingter Abhängigkeit rege bleibe, stellt der Orden, der alleinige 
Eigentümer des Landes durch jene Schenkung des Papstes, den 
Preußen fast niemals Urkunden aus über ihren Landbesitz. Doch 
diese feste Ordnung allein konnte nicht genügen. Es bedurfte neuer, 
stärkerer Einwanderung deutscher Bauern, die nun erst in ausge— 
dehntem Maße begann. Jetzt erst verlieren die jungen Städte 
den dörflichen Charakter, neue Städte entstehen. Zur selben Zeit, 
da im Reiche Kaiser und Fürsten verblendet die Freiheiten der 
rheinischen Bürger bekämpfen, gewährt der Orden seinen Städten 
freie Bewegung. Er darf es, denn das Recht des Staates bleibt 
gewahrt, die Autonomie wird nicht gestattet, jede Anderung der 
städtischen Ordnungen muß der Ordensvogt bestätigen. 
Nicht minder herrisch stellt sich der Orden zu der Macht der 
Kirche. Als eine geistliche Genossenschaft gebot er nicht nur über 
jene Fülle von geistiger Kraft und politischer Erfahrung, welche 
die Kirche zur ersten Kulturmacht des Mittelalters erhob. Ihm 
blieb auch der aufreibende Kampf mit der Kirche erspart. Uberall 
sonst war sie der Herr oder der feindliche Nachbar, in Preußen 
allein ein Glied des Staats; überall sonst vermittelte der Klerus 
die Verhandlungen der Staatsgewalt mit dem römischen Stuhle, 
der preußische Geistliche verkehrte nur durch den Orden mit dem 
Papste. Auch hier gereichte dem Ordenslande zum Segen, daß 
in diesem Staate nichts zu spüren ist von jener mit Unrecht ge- 
priesenen organischen Entwicklung des mittelalterlichen Lebens. Ein 
durchgreifender Wille vielmehr ordnete die Dinge gleichsam aus 
wilder Wurzel. Ein Dritteil des Landes ward den vier Bis- 
tümern als Eigentum . gegeben, doch auch für dieses galten die 
Landesgesetze über das Recht der Bauern und der Städte sowie 
die allgemeine Landwehrpflicht. Jede weitere Erwerbung von 
Grund und Boden war der Kirche untersagt. Das Erzbistum 
der Ordenslande blieb in Riga, man hielt diese gefährliche Macht, 
die an der Düna noch Herrschaftsrechte beanspruchte, weislich aus 
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