Preußen entfernt. Wie der Orden in seinem Innern alle kirch—
lichen Funktionen durch seine eigenen Brüder vollzog, so war er
auch oberster Patron in seinen Landesteilen und übte selbst in
dem bischöflichen Dritteil das Visitationsrecht. Noch mehr: außer
in Ermeland wurden alle Bistümer und Domkapitel mit den geist-
lichen Brüdern des Ordens selbst besetzt. Daher die geschlossene
Einheit dieses Staates, daher die Treue des Klerus gegen den
Orden selbst in dessen Kämpfen wider Rom. Denn, natürlich,
sobald der Orden, in Preußen wahrhaft heimisch geworden, die
steilen Bahnen weltlicher Staatskunst ging, entschwand ihm sofort
die alte Gunst der Kurie. Der römische Stuhl begegnete der zum
weltlichen Landesherrn gewordenen geistlichen Genossenschaft nun-
mehr mit jener vollkommenen, frivolen Freiheit des Gemüts, wor-
auf überhaupt Roms Stärke allen weltlichen Gewalten gegenüber
beruht: der Ordensstaat war dem Papste fortan, wie jeder andere
Staat, nur ein gleichgültiges Mittel in den wechselnden Kombi-
nationen geistlicher Politik.
Freilich war mit dieser unerhörten geistlichen Machtfülle des
Ordens zugleich die Unmöglichkeit einfacher Weiterbildung seines
Staates gegeben; denn wo Staat und Kirche beinahe zusammen-
fielen, war jede Besserung des Staates undenkbar ohne gänzliche
Umwandlung des religiösen Lebens. Vor der Hand aber voll-
endeten die kraftvolle Einheit der Staatsgewalt und die Wucht
der deutschen Einwanderung die rasche Germanisierung des Landes.
Nicht eine Vermischung der Deutschen mit den Preußen vollzog
sich, vielmehr eine Verwandlung der Ureinwohner. In der Fülle
des rings aufsprießenden deutschen Lebens erstickten die letzten
Triebe preußischer Sprache und Sitte. Schon zu Anfang des
vierzehnten Jahrhunderts herrschte die Sprache des Eroberers, dem
Deutschen war verboten mit seinem Gesinde preußisch zu reden.
Fünfzig Jahre darauf, da ein preußischer Sänger auf einem Hof-
tage zu Marienburg unter die Spielleute der Deutschen trat,
schenkten ihm die lachenden Ritter hundert falsche Nüsse, denn
„niemand hat verstanden den armen Prüsse“. Noch im sechzehnten
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