Full text: Das Interregnum.

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kung des Anwendungsgebietes des positiven Verfassungsrechts nur 
eine interimistische ist, so wird das Recht selbst durch diesen Mangel 
nicht ausser Geltung gesetzt, es ist unabhängig von dem konkreten 
Vorhandensein der von ihm normirten Thatbestände; es zeigt in dem- 
selben Augenblicke wieder die Kraft seiner Wirksamkeit, in dem sein 
Anwendungsgebiet durch den Eintritt eines neuen Monarchen die 
frühere Ausdehnung gewonnen hat. 
2. Da Staat und Staatsgewalt im Zwischenreiche fortdauern, 
so wird auch in diesem die Ausübung der Staatsgewalt an sieh in 
vollem Umfange geschehen. Sie wird geschehen können, insoweit 
sie begrifflich auch ohne den Monarchen geschehen kann, und sie 
wird geschehen müssen, insoweit ihre Ausübung für den Staat 
selbst als Bethätigung seines Lebens unbedingt erforderlich ist, auch 
wenn das Verfassungsrecht des Staates die Ausübung der Staatsge- 
walt in gewissem Umfange an sich lediglich durch den Monarchen 
oder in dessen Namen vorgenommen wissen will. Denn es giebt 
Staatsakte, die geschehen müssen, wenn der Staat selbst nicht nur 
ein Phantasiegebilde sein soll, Akte, deren Unterlassung die Inter- 
essen des Staates oder seiner Unterthanen in einem solchen Masse 
schädigen würde, dass der Staat als Machtorganismus oder als höchste 
Rechtsanstalt verschwinden müsste. Der Staat muss seine Macht- 
mittel pflegen, seine Machtstellung anderen Staaten gegenüber auf- 
recht erhalten, er muss die subjektiven Rechte seiner Unterthanen 
schützen, muss Gerichtsbarkeit tiben, muss seine und seiner Glieder 
Rechte im Zwangswege durchsetzen, muss der gemeinen Wohlfahrt 
regelnd und schützend dienen. Er muss alles dies thun, auch wenn 
die physische Person fehlt, an die die Verfassung die um deswillen 
bestehenden Rechte und Pflichten als eigene knüpft, selbst wenn 
diese Person an sich ausschliesslich mit ihnen begabt wäre. Man 
denke z. B. an die Ausübung der Gnadengewalt. Die Gnade be- 
zweckt ihrer Idee nach eine Ausgleichung der unvermeidlichen Härten 
des formellen Rechts mit den Forderungen der vom nationalen Rechts- 
bewusstsein getragenen materiellen Gerechtigkeit. Sie ist deshalb für 
den Staat als Rechtsanstalt unentbehrlich; auch wenn ihre Bethäti- 
gung dem Monarchen als Träger der Staatsgewalt ausdrücklich vor- 
behalten ist, muss sie, wennschon ein solcher fehlt, geübt werden 
können. 
Andererseits wird nun aber durch das Felılen des Monarchen 
die subjektive Seite der Ausübung der Staatsgewalt im Interreg- 
num wesentlich alterirt. Diese Ausübung muss hier, auch wenn sie
	        
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