Beziehung auf den Staat dessen Organ geworden ist, so wird an
seiner Rechtsstellung durch Eintritt des Interregnums nichts geändert.
Aber auch hier tritt im Interregnum eine Verschiebung der subjek-
tiven Seite der eben erwähnten Rechtsverhältnisse ein. Die per-
sönliche Treu- und Gehorsamspflicht, welche den Unterthan und vor-
zugsweise den Beamten an den Monarchen knüpft, kann im Inter-
regnum nicht mehr bestehen; sie geht in der allgemeinen Treu-
und Gehorsamspflicht gegen den Staat auf, die ja auch beim Vor-
handensein des Monarchen bestand und nur in ihrer persönlichen
Beziehung auf den Träger der Staatsgewalt einen dessen Rechts-
stellung als Herrschaftssubjekts adäquaten Ausdruck fand.!)
V. Ist nun auch, wie wir nachzuweisen versucht haben, das
Vorhandensein eines Staatsoberhauptes, eines Trägers der Staatsgewalt
zu eigenem Rechte, nicht ein begriffliches Erforderniss des
Staates, so ist es doch ein politisches Bedürfniss der realen
Staatsthätigkeit. Denn wenn schon wir eine staatliche Willenspro-
duktion, die begrifflich nicht in seinem Namen geschieht, auch beim
Vorhandensein des Monarchen konstatiren können, so dürfen wir doch
nicht verkennen, dass das die Ausnahme, nicht die Regel bildet.
Lediglich in der Gewaltübung durch den einen Monarchen selbst oder
in seinem Namen ist die Einheit und Stetigkeit des Staatslebens
gesichert; ihr Mangel aber birgt für den Bestand des Staates, die
Energie seiner -Thätigkeit die schwersten Gefahren. Darum die
Schmerzensschreie, welche uns aus alten und neuen Tagen über die
„kaiserlose, die schreckliche Zeit‘ herüberklingen. Daher die Satzungen
moderner Verfassungen, welche ein Interregnum möglichst durch die
Vorschrift gesetzlicher Neuregelung der Thronfolge beim Drohen des
Aussterbens des regierenden Herrschergeschlechtes zu vermeiden
suchen ?2); daher die Bestimmungen mancher Grundgesetze, die für den
Fall des Eintritts einer Thronerledigung den Massregeln zur Be-
seitigung dieses Zustandes mehr oder weniger kurze Fristen setzen 3),
den zur Regelung der Thronfrage berufenen Kammern aus demselben
Grunde ein Selbstversammlungsrecht beilegen *) oder den nach Ablauf
1) Das Bestehen einer solchen Treupflicht ist bekanntlich nicht unbestritten.
Vgl. die Citate bei Lazann, a.a. O0. I. S. 438, Note 6 und dagegen dessen tretiende
Bemerkungen ebenda; s. auch v. KIRCHENHEIM, Lehrbuch 8. 217f.
2) S. die Verfassungen von Kurhessen (1831), $ 4; Oldenburg a. 18; Belgien
a. 61; Niederlande a. 23f.; Rumänien a. 83; Serbien a. 10.
3) Belgien a. 85, 79; Luxemburg a. 7; Rumänien a. 84; Griechenland a. 52.
4) Rumänien a. 84.
TRIEPEL, Interreenum. 6