Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

121. Der Schall. 127 
auf die Schwelle, so sieht man deutlich, wie sich die Flamme 
nach dem Zimmer zu neigt. Hebt man das Licht nach der 
Mitte der Thüröffnung herauf, so wird die Flamme ruhiger 
und steht gerade. Roch weiter oben wird sie nach außen 
geweht, weil hier eine Luftströmung aus dem Zimmer in die 
Hausflur geht. Dieser Zug am Fußboden und an der Decke 
kommt daher, daß die warme Luft des Zimmers leichter ist, als 
die des ungeheizten Raumes. Die leichte Luft dringt oben 
hinaus und die schwere dafür unten herein. — Adber auch bei 
verschlossener Thüre ist die Luft eines Zimmers während der 
Heizung in beständiger Bewegung; denn überall, wo kalte und 
warme Luft in einem Raume bei einander sind, steigt die warme 
empor und sinkt die kalte herab, bis sich beide ausgeglichen haben. 
Auf ähnliche Weise wie Luftströmungen entstehen die Winde, 
nur breiten sich diese über größere Räume aus. Die Haupt- 
ursachen der Winde liegen in den Veränderungen der Luftwärmc, 
die im Verlaufe der Tages= und Jahreszeiten eintreten. Die 
Sonne erwärmt die Erde, und diese strahlt die Wärme in die 
Luft aus. Wenn nun die warme Luft in die Höhe steigt, 
füllt sich die Lücke durch eine Zuströmung kalter Luft nach dem 
sich leerenden Raume, und dieses Strömen der Luft nennen 
wir Wind. « 
In manchen Gegenden der Erde sind die Winde von großer 
Regelmäßigkeit; besonders ist dies auf den Meeren der Fall. 
Die Kenntniß dieser regelmäßigen Winde ist für den Schiffer 
von großem Nutzen. — Regelmäßig wehende Winde zeigen sich 
ferner an den Küsten. Bei Tage weht ein Wind vom Wasser 
nach dem Lande, weil dies durch die Sonnenstrahlen schneller er- 
wärmt wird. Nach Sonnenuntergang bleibt das Wasser länger 
warm, und das Land erkaltet schneller; deshalb weht in der 
Nacht ein Wind nach dem Meere. 
Sehr groß ist der Einfluß des Windes auf die Witterung. 
Die Ostwinde haben bei uns in der Regel Trockenheit zur Folge, 
weil sie über die großen trockenen Festländer von Asien und 
Europa kommen, also sehr geeignet sind, Feuchtigkeit einzusaugen. 
Die Nordwinde sind kalt; denn sie wehen von kalten Meeren 
her. Die West= und Südwinde endlich bringen gewöhnlich Regen, 
da sie über die Meere im Westen und Süden unseres Erdtheils 
hinwegziehen und dort mit Wasserdünsten gefüllt werden. 
121. Der Schall. 
Wenn Körper in eine zitternde oder schwingende 
Bewegung versetzt werden, so theilt sich dieselbe der 
Luft mit, die dann in äbnliche Wellen geräth, wie das 
Wasser, in welches ein Stein geworfen wird. Diese 
Luftwellen verbreiten sich, indem sie allmählich gröfsere
	        
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