Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

146 136. Die Gewässer der Erde. 
In einzelnen Gegenden dringt das Meer immer weiter 
gegen das Land vor und verschlingt das frühere Küsten- 
land; in andern weicht es zurück, und das Land hebt sich. 
An flachen Küsten schwemmt das Meer nach und nach 
ganze Hügel von Sand an. Dadurch entstehen die Dünen. 
Einen schmalen Streifen Meeres zwischen zwei Ländern 
nennt man eine Meerenge oder eine Stralse. 
Das Meer hat eine dreifache Bewegung. Durch die 
Winde entsteht die Wellenbewegung. Die grolsen 
Meereswellen nennt man Wogen. Die Meereswogen 
werden bäufig den Schiffern verderblich. Bei heftigen 
Stürmen wälzen sie sich über das Verdeck des Schiffes 
und reissen alles, was sich darauf befindet, fort. 
Die Wellenbewegung ist unregelmälsig. Oft tritt 
auf dem Meere Windstille ein, und nicht die kleinste 
Welle kräuselt die weite, unabsehbare Fläche. Diese 
Meeresstille war früher, als man nur Segelschiffe kannte. 
den Schiffern fürchterlich. Der Seemann fürchtet nicht 
den Sturm und das tiefe Meer, wohl aber die seichten 
Stellen desselben, sowie die Sandbänke und die Riffe. 
die sich fast bis an den Wasserspiegel erstrecken, und 
die Klippen, die über denselben hervorragen. 
Eine regelmälsige Bewegung des Meeres ist die 
Ebbe und Flut. Unter der letzteren versteht man 
das Anschwellen, unter der ersteren das Zurückweichen 
des Meeres vom Ufer. Man glaubt, dass Ebbe und Flut 
ihren Grund in der Anziehungskraft des Mondes haben. 
Die Flut ist an der Mündung mancher Ströme, 2. B. der 
Elbe, 10 bis 12 Meilen stromaufwärts noch bemerkbar. 
In einzelnen Meerestheilen, 2. B. in der Ostsee, ist das 
Steigen und Fallen des Meeres unbedeutend. 
Eine dritte Bewegung des Meeres sind die soge- 
nannten Meeresströmungen. Aus den heilsen Gegen- 
den flielsen fortwährend warme Wasserströme gegen die 
Polarmeere hin und von diesen kalte Ströme den Aequator- 
gegenden zu. 
Eine der merkwürdigsten Meeresströmungen ist der 
sogenannte Golfstrom, ein warmer Strom, der an der 
Westküste von Afrika entsteht und an den Küsten von 
Frankreich, England und Norwegen endigt. Ihm haben 
letztere Länder ihr im Winter verhältnilsmälsig mildes 
Klima zu verdanken.
	        
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