146. München. 167
die Ebene schauen die riesigen Thürme der Frauenkirche mit
ihren seltsam geformten Kuppeldächern. Die Umgebung der
Stadt gegen Westen und Norden ist reizlos, eintönig, ja
theilweise selbst öde, da weite Moorflächen sich fast bis ans
Weichbild der Stadt hinziehen. Um so schöner ist die Gegend
von München gegen Süden das Isarthal aufwärts. Kaum
eine Stunde oberhalb München entfaltet sich ein an die
Alpenthäler erinnerndes Landschaftsbild, wie man es nicht
leicht in der Nähe einer Großstadt finden wird. Und eine
Großstadt ist das heutige München. Sein rasches Aufblühen
in den letzten fünfzig Jahren hat es dem Könige Ludwig J.
zu verdanken, den man deshalb den zweiten Gründer der
Stadt nennen darf. Der erste war bekanntlich der Welfe
Heinrich der Löwe. Dieser zerstörte die dem Bischofe von
Freising gehörige Brücke bei Föhring, etwa eine Stunde
unterhalb München, wo die alte Salzstraße über die Isar
führte, legte eine neue an der Stelle des heutigen München an,
gründete daselbst eine Salzhalle, eine Zoll-, später auch eine
Münzstätte, und umgab die Siedlung mit Mauer und Graben,
um's Jahr 1158. Zwar verklagte Bischof Otto von Freising
den Welfenherzog beim Kaiser Friedrich Barbarossa; aber
damals stand Heinrich bei diesem noch in hoher Gunst, und
des Bischofs Klage blieb erfolglos. Zu größerer Bedeutung
gelangte München, als nach der Theilung Bayerns in Ober—
und Niederbayern (1255) Ludwig der Strenge seinen Sitz
dorthin verlegte. Kaiser Ludwig . Bayer war der Stadt
wegen der Treue, die deren Bürger ihm erwiesen, besonders
zugethan und bestrebt, sie groß und reich zu machen. Auch
alle späteren Herrscher trugen zu ihrer Erweiterung und
Verschönerung bei, und so ist sie stetig gewachsen bis auf
den heutigen Tag.
Ein Münchener aus dem vorigen Jahrhunderte würde
seine Vaterstadt kaum wieder erkennen. Wo sonst Wälle
und Gräben und düstere Festungsmauern die Stadt einengten,
da erfreuen uns große freie Plätze mit schönen Anlagen; wo
ehedem eine öde, mit magerem Grase und Ginster bewachsene
Heide sich hinzog, breiten sich geräumige, luftige Straßen
aus, erheben sich prachtvolle Thore, glänzende Paläste,
majestätische Tempel. Die freien Pläße sind mit ehernen
Standbildern geschmückt, gewidmet den bedeutenden Regenten,
Kriegshelden, Staatsmännern und Gelehrten, die in ver-
schiedenen Jahrhunderten in Bayern gewirkt haben.