159. Das Großherzogthum Hessen. 185
Heimat, oder treiben auswärts Handel, wie die schwarz-
wälder Uhrmacher. Aber auch in der Fremde bewahren sie
der Heimat eine große Anhänglichkeit und niemals verlieren
sie ihre Mundart, welche zwar breit, aber nicht unangenehm
klingt.
Die Haupt= und Residenzstadt ist Stuttgart in einem
Seitenthale des Neckars, welches mit Reben und Obstbäumen
reich bepflanzt ist. Außer Stuttgart sind die Universitäts-
stadt Tübingen, die Festung Ulm, Heilbronn am
Neckar, Ludwigsburg in der Nähe desselben und Fried-
richshafen am Bodensce merkenswerth. Württemberg hat
dem deutschen Volke viele berühmte Dichter, z. B. Schiller (ge-
boren in Marbach unweit Ludwigsburg), Uhland, Kerner u. a.
gegeben.
Neben der Anhänglichkeit an seine Heimat zeichnen den
Schwaben Anhänglichkeit und Treue gegen den Landesherrn
und gegen die Familie aus. Als der deutsche Kaiser Kon-
rad III. die Stadt Weinsberg bei Heilbronn, welche zu
seinen Feinden gehalten hatte, belagerte, wehrten sich die
Bürger so verzweifelt, daß er ihnen im Unwillen schwere
Rache schwur. Der Hunger zwang endlich die Stadt, sich
zu ergeben, und kein Bitten und Flehen vermochte den
Kaiser zur Gnade zu bewegen. Nur den Frauen erlaubte
er, frei abzuziehen und ihre Kostbarkeiten mitzunehmen. Aber
welcher Anblick bot sich dem Kaiser dar, als sich das Stadt-
thor öffnete! Eine lange Reihe von Frauen, die ihre
Männer, Bäter und Söhne als ihre theuersten Schätze auf
dem Rücken trugen. Diese Treue der Frauen rührte den
Kaiser und um ihrer willen verzieh er auch den Männern.
. Das Grofsherzogthum Hessen.
Das Grolsherzogthum lHessen besteht aus zwei von einan-
der getrennten Theilen. Im nördlich vom Maine gelegenen
Theile Cberhessen) erhebt sich der valkanischeVogelsberg,
im südlichen vom Rheine durchströmten (bheinhessen) der
Oden- d. i. Odinswald. Die Wetterau, der Theil Ober-
hessens zwischen dem Taunus und dem Vogelsberge, ist sehr
fruchtbar; Rheinhessen erzeugt viel Getreide, essbare Kastanien,
Mandeln, Walnüsse und vortreffliche Weine. Die Gegend,
durch welche sich die „Bergstralse“, eine wahrscheinlich
schon von den Römern längs des Odenwaldes angelegte Kunst-
strafse, zieht, ist reich an überaus lieblichen Landschaftsbildern