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als eine ehemalige Bucht des adriatischen Meeres ange-
scehen werden, welche durch die Geröllablagerungen der
Alpenflüsse ausgefüllt ist. An den tiefen Einschnitten,
welche diese Bucht in das Gebirge machte, befinden sich
jetzt prächtige Seen: der „Lange See“ (Lago maggiore),
der Comer- und Gardasee. Während die Mündungen
des Po und der Etsch versumpft sind, finden wir in den
übrigen Theilen der Tiefebene Feld an Feld. Dasselbe
Grundstück bietet dem Menschen fast Alles, was er zum
Leben braucht: Brot, Wein, Oel, Seide, Brennholz. Durch
Ulmen und verschiedene Ahorn- und Pappelarten sind
die Felder von einander abgegrenzt. Diese Bäume dienen
den bis zu ihren Gipfeln kletternden Weinranken zur
Stütze, während die niedrigeren Stämme des Oel-, Feigen-
und Maulbeerbaumes mitten unter dem Getreide stehen,
ohne dem Wachsthume desselben zu schaden.
Wer inmitten dieses Paradieses von ltalien grolse,
schmucke Dörfer erwartete, würde sich bei einer Reise
dahin sehr enttäuscht schen. Dörfer findet man dort
nicht, wohl aber viele kleinere und grössere Städte.
Von diesen sind zu nennen: Venedig, auf 100 lnseln
erbaut und von mehreren hundert Kanälen durchschnitten,
über welche gegen 450 Brücken führen; das schöne
Mailand mit seinem berühmten Dome; Pavia; die
Festungen Mant ua und Verona (das alte Bern), welche
mit Peschiera (spr. Pesskjära) und Legnano (spr.
Lenjäno) das berühmte „Festungsviereck“ bilden. Wohl
kaum ein anderer Landstrich Europas hat so viele
Schlachtfelder aufzuweisen, als die Lombardei.
An den Grenzen von Piemont erheben sich die
höchsten Gipfel der Alpen, der Mont Blanc und der
Monte Rosa. Turin am Po und das altberühmte
Genua am gleichnamigen Busen sind die wichtigsten
Städte des Landes.
Das mittlere und südliche ltalien durchziehen
in einer höheren und in mehreren niedrigeren Ketten
die Apenninen, welche der Halbinsel den Namen ge-
geben haben. Die am Fulfse derselben entspringenden
Flüsse, unter denen der Tiber und der Arno die
wichtigsten sind, eilen in kurzem Laufe dem Meere zu.
Im südlichen Theile der nur ungefähr 30 Meilen breiten
Halbinsel gedeihen das Zuckerrohr, die Dattelpalme, Reis