Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

170. Italien. 199 
als eine ehemalige Bucht des adriatischen Meeres ange- 
scehen werden, welche durch die Geröllablagerungen der 
Alpenflüsse ausgefüllt ist. An den tiefen Einschnitten, 
welche diese Bucht in das Gebirge machte, befinden sich 
jetzt prächtige Seen: der „Lange See“ (Lago maggiore), 
der Comer- und Gardasee. Während die Mündungen 
des Po und der Etsch versumpft sind, finden wir in den 
übrigen Theilen der Tiefebene Feld an Feld. Dasselbe 
Grundstück bietet dem Menschen fast Alles, was er zum 
Leben braucht: Brot, Wein, Oel, Seide, Brennholz. Durch 
Ulmen und verschiedene Ahorn- und Pappelarten sind 
die Felder von einander abgegrenzt. Diese Bäume dienen 
den bis zu ihren Gipfeln kletternden Weinranken zur 
Stütze, während die niedrigeren Stämme des Oel-, Feigen- 
und Maulbeerbaumes mitten unter dem Getreide stehen, 
ohne dem Wachsthume desselben zu schaden. 
Wer inmitten dieses Paradieses von ltalien grolse, 
schmucke Dörfer erwartete, würde sich bei einer Reise 
dahin sehr enttäuscht schen. Dörfer findet man dort 
nicht, wohl aber viele kleinere und grössere Städte. 
Von diesen sind zu nennen: Venedig, auf 100 lnseln 
erbaut und von mehreren hundert Kanälen durchschnitten, 
über welche gegen 450 Brücken führen; das schöne 
Mailand mit seinem berühmten Dome; Pavia; die 
Festungen Mant ua und Verona (das alte Bern), welche 
mit Peschiera (spr. Pesskjära) und Legnano (spr. 
Lenjäno) das berühmte „Festungsviereck“ bilden. Wohl 
kaum ein anderer Landstrich Europas hat so viele 
Schlachtfelder aufzuweisen, als die Lombardei. 
An den Grenzen von Piemont erheben sich die 
höchsten Gipfel der Alpen, der Mont Blanc und der 
Monte Rosa. Turin am Po und das altberühmte 
Genua am gleichnamigen Busen sind die wichtigsten 
Städte des Landes. 
Das mittlere und südliche ltalien durchziehen 
in einer höheren und in mehreren niedrigeren Ketten 
die Apenninen, welche der Halbinsel den Namen ge- 
geben haben. Die am Fulfse derselben entspringenden 
Flüsse, unter denen der Tiber und der Arno die 
wichtigsten sind, eilen in kurzem Laufe dem Meere zu. 
Im südlichen Theile der nur ungefähr 30 Meilen breiten 
Halbinsel gedeihen das Zuckerrohr, die Dattelpalme, Reis
	        
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