Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

264. Verfolgungen der Christen. 315 
Fest des heiligen Geistes und etwas später auch das Weih— 
nachtsfest. Außerdem pflegte auch jede Gemeinde die Tage, 
an welchen ihre frommen Lehrer oder Christen aus ihrer 
Mitte als Märtyrer geblutet hatten, als Gedächtnißtage aus- 
zuzeichnen. 
Die christliche Gemeinde übte strenge Kirchenzucht; die 
unordentlichen Glieder wurden erinnert und ermahnt; wer 
aber durch offenbare Sünden Aergerniß gab oder in der 
Verfolgung Christum verleugnete, der wurde als ein des 
Christennamens Unwürdiger ausgeschlossen und nicht eher 
wieder aufgenommen, bis er deutliche Zeichen der Besserung 
gegeben hatte. 
Reisende Christen und solche, die der Verfolgung wegen aus 
ihrem Vaterlande geflohen waren, brachten eine Bescheinigung 
des Bischofs, daß sie wirklich Glieder der christlichen Gemeinde 
seien, und wurden dann überall als Brüder aufgenommen. 
Auch erkannten sich die Christen unter einander an dem 
Zeichen des Kreuzes. Das Zeichen aber, das Jesus selbst 
(Joh. 13, 35) als Kennzeichen seiner Jünger nennt, die 
Liebe unter einander, hatten sie unverkennbar an sich, so daß 
die Heiden bei dem Anblick derselben öfters ausriefen: „Seht, 
wie sie sich lieben!“ 
264. Berfolgungen der Christen. 
Der erste Christenverfolger unter den römischen Kaisern 
war Nero, der vom Jahre 54—68 nach Christo regierte. 
Dieser grausame Tyrann ließ neben anderen Schandthaten, 
die er beging, auch Rom, die Hauptstadt der Welt, in 
Brand stecken, um das Schauspiel eines großen Brandes zu 
haben, und um eine neue Stadt bauen zu können. Da er 
sich aber dadurch den Haß der Römer zuzog, so wollte er 
die Schuld von sich abwälzen und gab die Christen als Ur- 
heber des Brandes an. Da brach der bereits vorhandene 
Haß gegen diese in helle Flammen aus und Neros Grausam- 
keit schien den Römern gerechtfertigt. Die schrecklichsten 
Martern wurden ersonnen: Man wickelte die Christen in 
die Felle wilder Thiere und ließ sie von Hunden zerreißen; 
man bestrich sie mit Wachs und anderen brennbaren Stoffen, 
stellte sie in die Gärten des Nero und zündete sie an, 
damit sie als Fackeln die Nacht erleuchten sollten u. dergl. 
Unter solchen Martern endeten viele Christen ihr Leben. Von 
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