Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

328 270. Befestigung der Reformation. 
Muße ist die Uebersetzung des neuen Testaments in die 
hochdeutsche Sprache. 
Zehn Monate war Luther auf der Wartburg. Als er aber 
hörte, daß in Wittenberg sein Freund Karlstadt im wilden 
Eifer anfing, die Altäre und die Heisigenbilder zu zerstören, 
verließ er am Aschermittwoch 1522 wider seines Kurfürsten 
Willen seine Zufluchtsstätte, und eilte nach Wittenberg, wo 
er dem Unfuge wehrte und Ruhe und Ordnung herstellte. 
270. Befestigung der Reformation. 
Je tiefer Luther in die hl. Schrift eindrang, desto 
klarer traten ihm die Irrthümer des Papstthums hervor, 
und desto entschiedener sagte er sich von demselben los. Dem 
Gottesdienst gab er eine andere, urchristliche Gestalt, indem er 
wieder die Predigt des Wortes Gottes zum Mittelpunkte des- 
selben machte, den Gemeindegesang einführte, die Kirchengebete 
in deutscher Sprache hielt, und das hl. Abendmahl in beiderlei 
Gestalt austheilte. Um der Unwissenheit der Prediger und 
des Volkes abzuhelfen, schrieb er seinen großen (1528) und 
seinen kleinen Katechismus (1529). Sein wichtigstes Schrift- 
werk aber ist die Uebersetzung der ganzen Bibel, die 1534 
erschien, und wodurch er sich um die deutsche Christenheit 
ein nie genug zu preisendes Verdienst erworben hat. Luther 
bat ßes der deutschen Christenheit wieder möglich gemacht, das 
Wort Gottes zu lesen, und ihr zugleich das Recht wieder- 
errungen, es lesen zu dürfen, und unzählige Schulen, die 
seitdem aus dem Gute aufgehobener Klöster gestiftet wurden, 
legten den Samen heilsamer Erkenntniß in die Herzen der 
Jugend, und beförderten eine allgemeine Bildung, wie sie 
die Welt vordem nie gekannt hat. 
Luthers Wort fand bei den meisten Fürsten und Völkern 
Deutschlands entschiedenen Beifall und erweckte auch in 
andern Ländern, die unter dem Papstthume standen, fromme 
und gelehrte Männer, welche die Reformation mit Auf- 
opferung von Gut und Leben auszubreiten sich bemühten. 
In der Schweiz wurde die Kirchenverbesserung durch Huld- 
reich Zwingli angebahnt und nach dem Tode desselben 
i. J. 1531 durch den Franzosen Johann Calbvin fort- 
geführt. Aber dieselbe fand auch mächtige und erbitterte 
Gegner. Kaiser Karl wagte zwar in Deutschland nicht, was 
er in seinen andern Gebieten zuließ: Hand an die Zeugen 
evangelischer Wahrheit zu legen; aber auf dem Reichstage
	        
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