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wird, und wie viel Personen zur Teilnahme an Beratungen gezwungen
werden, deren Gegenstand ihnen fremd bleibt. Die Beratungen der Stadt—
verordnetenversammlung werden zudem durch den Umstand, daß sie wörtlich
veröffentlicht werden, ungünstig beeinflußt. Der Schwerpunkt der städtischen
Verwaltung liegt bei den Berufsbeamten. Ein Berufsbeamter leitet sie als
Oberbürgermeister; Berufsbeamte stehen an der Spitze der wichtigsten Ämter;
aus Berufsbeamten setzt sich das zahlreiche Kanzlei-, Kassen-, Vollstreckungs- usw.
Personal zusammen. Nach einer in den Monatsberichten des statistischen
Amts der Stadt Dresden vom April 1903 mitgeteilten Berechnung wird
die Arbeitsleistung der städtischen Beamtenschaft auf jährlich 5 690 000
Stunden, die der kommunalen ehrenamtlichen Tätigkeit auf 370 000 Stunden
veranschlagt.
In der obersten Behörde, dem Rate, überwiegt rein ziffernmäßig das
Ehrenamt. Allein, auch hier tritt der Einfluß der Berufsräte durch ihre
Sachkenntnis, durch die Stetigkeit ihrer Arbeit und durch die Tatsache, daß
sie großenteils auf Lebenszeit angestellt sind, bestimmend hervor. Bei ihnen
liegt mit der später zu erwähnenden Einschränkung die eigentliche Initiative,
in ihnen hat der Rat seinen Halt. Besondere Bedeutung hat das Amt
des Oberbürgermeisters. In seinen Händen laufen alle Fäden zusammen.
Er regt vielfach an. Vermöge seines Aufsichtsrechts und seines Einflusses
im Gesamtrate hängen die Ressorts weitgehend von ihm ab, so daß seine
Stellung anderen Ratsmitgliedern gegenüber bisweilen an die eines Vor-
gesetzten erinnert.
In wertvoller Weise wird die städtische Verwaltung durch die höheren
Ratsbeamten: die Direktoren des statistischen Amts, des Vermessungsamts,
der Sparkasse, der Grund= und Hypothekenanstalt, den Ratsarchivar, den
Branddirektor, die Stadtbaumeister usw. gefördert. Da sie auf ihren Ge-
bieten Fachleute sind, liegt die Weiterbildung der betreffenden Verwaltungs-
zweige bei ihnen oder wesentlich mit bei ihnen.
Das Bureaupersonal, die Vollstreckungsbeamten und die sonstigen An-
gestellten arbeiten mit der sachlichen Pflichttreue, die diesen Beamten in
Deutschland eigen ist.
Die soziale Stellung der einzelnen Beamtenllassen entspricht im wesent-
lichen der sozialen Stellung der betreffenden Beamtenklassen im Staatsdienste.
Allein es besteht in der Bevölkerung vielfach eine Vorliebe für diesen, so
daß die Stadt durch höhere Gehälter tüchtige Kräfte anziehen muß. Beispiels-
weise sind die Gehälter der Stadträte wesentlich günstiger als die Gehälter
gleichartiger Staatsbeamter.
Das System der berufsmäßigen Verwaltung des Bürgermeisteramts