Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

Königreich Sachsen. 17 
Ehrenrechte entnommen oder bei ihrer Aufnahme zu Bürgern die Teil— 
nahme daran untersagt werden“ konnte. Da nun kein Grund für die An— 
nahme vorliegen dürfte, daß man im Jahre 1873 die sittlichen An— 
forderungen an die Bürger und Gemeindevertreter unter das bisherige Maß 
herabdrücken wollte, so dürfte schon hiernach anzunehmen sein, daß in § 18, ver- 
bunden mit § 44 der RSt O., nur diejenigen Fälle bezeichnet werden sollen, 
in denen die „Unbescholtenheit“ ohne jede weitere Erörterung zu 
verneinen ist; damit findet auch die rein negative Fassung jener Bestimmung 
eine befriedigende Erklärung. Zu vergleichen auch RStO. § 15 und § 44, 
Absatz 2. Vor allem aber würde, wenn der Inhalt von Nr. 4 § 17 der 
RStP O. nicht weiter reichte als die Bestimmungen in § 44 b—t, die dicht 
nach diesen Bestimmungen, nämlich unter h (§ 44), zur Bezeichnung weiterer 
Stimmbehinderungsgründe gebrauchte Verweisung auf § 17 (einschließ- 
lich Nr. 4) eine Gedankenlosigkeit bedeuten, welche den Verfassern der 
RStO. nicht zugetraut werden darf. 
2. Verpflichtet zum Erwerbe des Bürgerrechts sind, mit Aus- 
nahme der Mitglieder des königlichen Hauses, solche zum Erwerbe des 
Bürgerrechts berechtigte Gemeindemitglieder, welche a) männlichen Geschlechtes 
sind, b) seit drei Jahren im Gemeindebezirk ihren wesentlichen Wohnsitz 
haben und c) mindestens 9 Mark an direkten Staatssteuern jährlich zu 
entrichten haben. 
Aktive Militärpersonen sind zum Erwerbe des Bürgerrechts nicht ver- 
pflichtet, es sei denn, daß sie sich im Gemeindebezirke ansässig machen oder 
in demselben seit drei Jahren wesentlich wohnen und ein stehendes Ge— 
werbe, von welchem sie mindestens 9 Mark an direkten Staatssteuern zu 
entrichten haben, betreiben 1. 
RStO. 88 17—20. Klt5 O. Art. I. 
3. Das Bürgerrecht wird vom Stadtrate erteilt; der es Empfangende 
hat dabei mittelst Handschlages anzugeloben , die ihm als Bürger obliegenden 
Pflichten treulich zu erfüllen, der Obrigkeit gehorsam zu sein und der Stadt 
Bestes nach Kräften zu fördern. Die Erhebung eines Bürgergeldes ist nicht 
gestattet 3s, nur wenn mit dem Bürgerrechte besondere nutzbare Berechtigungen 
(z. B. Holzdeputate u. dergl.) verbunden sind, können diejenigen, welche 
1 Minist. V. v. 3. Dez. 1874 (Sächs. Wochenbl. für Verw. u. Polizei, 1875, S. 5). 
2 Auf Mitglieder des königlichen Hauses findet diese Bestimmung jedoch keine 
Anwendung. Wegen Forderung des Untertaneneides vgl. auch Jahrb. des K. S 
Oberverwaltungsgerichts, Bd. 4, S. 135. 
3 An Sporteln für die Erteilung darf (außer den Barverlägen) nicht mehr als 
3 Mark erhoben werden. Mit diesen Sporteln sind zum Erwerbe des Bürgerrechts 
Schriften CXX. — Erstes Heft. 2
	        
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