Königreich Sachsen. 51
ordnung unter den Stadtrat und sind an sich nicht berechtigt zur
Vertretung desselben und damit der Gemeinde nach außen, auch haben
sie nicht den Rechtscharakter einer Behörde, doch kann ihnen dieser
Charakter und das Recht selbständiger Verfügung innerhalb eines be-
stimmten Geschäftskreises (ortsstatutarisch) übertragen werden 1. Den
Vorsitz führt stets ein vom Stadtrat zu bestimmendes Ratemitglied,
die Beschlüsse erfolgen nach Stimmenmehrheit, da nötig, mit Ausschlag-
stimme des Vorsitzenden ?. Die Mitgliedschaft im Ausschusse ist un-
entgeltliches Ehrenamt, auf dessen Ablehnung, freiwillige Niederlegung
und Entziehung die hierüber in betreff der Stadtverordneten gültigen
Bestimmungen Anwendung zu finden haben, jedoch können die Mit-
glieder des Ausschusses von der Stelle, die sie ernannt hat, jederzeit
durch andere ersetzt werden. Die näheren Bestimmungen über die
Wirksamkeit jedes dieser Ausschüsse sind im Wege des Ortsstatuts zu
treffen.
Durch die Einrichtung gemischter ständiger Ausschüsse ist den Stadt-
gemeinden die Füglichkeit gegeben, sich in einzelnen Angelegenheiten der
unentgeltlichen Mitwirkung und des sachverständigen Beirates besonders
erfahrener und tüchtiger Fachleute oder mit den Verhältnissen der
Einwohner seit langer Zeit besonders vertrauter Männer aus den
Reihen der wählbaren Bürger zu bedienen. Derartige Ausschüsse sind
in allen Städten vorhanden, und zwar mindestens zwei, nämlich ein
Armenausschuß, auf Grund von § 73 der Armenordnung v. 22. Oktober
1840 (257) und ein „Schulausschuß“ auf Grund von § 25 B des Volks-
schulgesetzes v. 26. April 1873 (350)8, aber auch darüber hinaus haben die
Städte reichlich von der Einrichtungsmöglichkeit solcher Ausschüsse
Gebrauch gemacht, und die Höchstzahl der in einer Stadt vorhandenen
gemischten ständigen Ausschüsse beträgt 31; durchschnittlich entfallen
auf eine Stadt 14—15 derartige Ausschüsse. Die folgende Zusammen-
stellung, in der die oben erwähnten Armen= und Schulausschüsse weg-
gelassen sind, gibt eine Ubersicht über die Angelegenheiten, zu deren
1 Vgl. auch Jahrbücher des K. S. Oberverwaltungsgerichts, Bd. 1, S. 45;
Bd. 2, S. 154 ff.
2 In Städten (mit RSt.) kann durch Ortsstatut der Gemeindewaisen-
rat nach Art eines gemischten ständigen Ausschusses zusammengesetzt werden, dem
dann im Verkehr nach außen die Rechte einer Behörde zustehen: Verordnung v.
6. Juli 1899 (203) § 44.
3 Der Schulausschuß ist nicht „Behörde“.
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