Full text: Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte Königreich Sachsen (Vierter Band Erstes Heft)

Königreich Sachsen. 57 
geschieht. Er hat ferner für die Verwahrung des Archivs, der Urkunden 
und Wertstücke zu sorgen und das Kassen- und Rechnungswesen zu führen 
oder doch zu überwachen. In allen diesen Beziehungen unterscheidet sich 
seine Stellung grundsätzlich nicht von der der Vertreter anderer juristischer 
Personen; er ist also hierbei namentlich auch an der Einwendung von 
Rechtsmitteln nicht behindert. Weiter liegt ihm ob die obrigkeitliche 
Leitung aller Gemeindeangelegenheiten, einschließlich der Dienstgewalt über 
die städtischen Beamten und Diener sowie die Vorbereitung und Leitung der 
Stadtverordnetenwahlen? und die Ausführung der vom Stadtgemeinderate 
gefaßten Beschlüsse, die er jedoch, falls er sie für ungesetzlich oder für dem 
Gemeinwesen offenbar nachteilig hält, zu beanstanden hat. In diesem Falle 
hat er sofort dem Amtshauptmann Anzeige zu erstatten, welcher die Aus- 
führung untersagen kann, vorher jedoch bei nicht ungesetzlichen Beschlüssen 
den Bezirksausschuß zu hören hat. Mit Zustimmung des Stadtgemeinderats 
kann der Bürgermeister allgemeine Anordnungen (Regulative) in Angelegen- 
heiten der Stadtgemeinde oder in bezug auf die Ortspolizei, soweit ihm solche 
übertragen ist (siehe nachstehend 3) erlassen und darin Haftstrafen bis zu 
acht Tagen oder Geldstrafen bis zu 75 Mark androhen; wenn diese An- 
ordnungen polizeiliche Gegenstände betreffen, sind sie dem Amtshauptmann 
sofort bei Erlaß abschriftlich vorzulegen. 
2. Der Bürgermeister ist Vorsitzender des Stadtgemeinde- 
rates; als solchem steht ihm oder seinem Stellvertreter die Berufung und 
Leitung der Sitzungen des Stadtgemeinderates zu. Ferner ist er 
3. örtliches Organ der Staats-und Bezirksverwaltung, 
soweit nicht für einzelne Angelegenheiten besondere Behörden bestimmt sind; 
in den hiernach zu seiner Zuständigkeit gehörigen Fällen wird er nicht als 
Gemeindeorgan tätig, sondern lediglich infolge des ihm im Gesetz= oder Ver- 
ordnungswege s erteilten Auftrages, für dessen gehörige Erledigung er auch 
nur den Auftraggebern oder den diese vertretenden Behörden verantwortlich 
ist. Hierher gehört vornehmlich die Verwaltung der Ortspolizei, die ihm 
unter Aufsicht der Amtshauptmannschaft in folgenden Angelegenheiten über- 
tragen ist: 
1 Der Bürgermeister ist Beamter im Sinne von § 359 verb. mit § 196 StrafG#B. 
arg.: Entscheidung des Oberlandesgerichts v. 4. Juni 1885. Fischers Zeitschrift 
Bd. 6, S. 363. 
2 Vgl. oben § 7 IV. 
3 Z. B. § 1 der AusfV. v. 28. Sept. 1883 (Nrankenversicherung), § 2 der 
AusfVV. v. 30. Nov. 1899 (Invalidenversicherung) § 1 der AusfV. v. 19. August 
1902 (Landw. Unfallversicherung) usw.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.