60 Georg Häßpe.
Übertretungen Strafverfügungen (§ 453 ff. der Stras PO.) erlassen und
darin Haftstrafen bis zu acht Tagen oder Geldstrafen bis zu 75 Mk. fest-
setzen 1. Erscheint ihm im einzelnen Falle eine höhere Strafe als die vor-
bezeichneten angezeigt, so hat er sich der eigenen Entschließung zu enthalten
und die Sache an die Amtshauptmannschaft abzugeben. Zur Anordnung
von Zwangsvollstreckungen wegen Geldleistungen in den zum Geschäftskreise
des Bürgermeisters gehörigen Verwaltungssachen ist die ihm in Ansehung
des einzelnen Geschäftszweiges nächst vorgesetzte Staatsverwaltungsbehörde
zuständig, soweit nicht durch das zuständige Ministerium dem Bürgermeister
die Befugnis zur Anwendung von Zwangsvollstreckungen in vollem oder
beschränktem Umfange ausdrücklich verliehen worden ist ?2. In betreff der
dem Bürgermeister zustehenden Befugnis zum Straferlaß gilt das hierüber
oben § 9, 10% Ausgeführte.
5. Den durch die dem Bürgermeister übertragene Geschäftsführung
(vorstehend 1—4) entstehenden Aufwand hat die Gemeinde zu tragen; in
deren Kasse fließen dagegen die vom Bürgermeister zu erhebenden Kosten
und anferlegten Geldstrafen, soweit sie nicht durch besondere Gesetze anderen
Kassen ausdrücklich zugewiesen sind.
KlStO. Art. II, Abs. 3; Art. IV, 8§ 6—14.
IV. Der Stadtgemeinderat bildet ein Kollegium bestehend aus den
Ratsmitgliedern und den Stadtverordneten. Zu seiner Zuständigkeit ge-
hören alle städtischen Angelegenheiten, deren Erledigung nicht nach dem im
vorstehenden Ausgeführten dem Bürgermeister oder dem Stadtrate allein
übertragen ist, nur haben sich bei der Prüfung der Gemeinde= und Stif-
tungsrechnungen die an der Ablegung einer Rechnung beteiligten Stadtrats-
mitglieder der Teilnahme an der Beratung und Beschlußfassung zu enthalten.
Da die Berufung und Leitung der Sitzungen durch den Bürgermeister oder
dessen Stellvertreter zu erfolgen hat, erledigt sich die Wahl eines „außer-
ordentlichen Vorsitzenden“ (vergl. oben § 12, 2). Im übrigen leidet in
bezug auf die Beschlußfassung über nicht auf Gemeindebeschluß beruhende
Rechte und Pflichten der Unansässigen, über die Nichtbeteiligung derjenigen
Stadtgemeinderatsmitglieder, deren Privatinteresse berührt wird, an der Be-
1 Über die Einziehung etwa verwirkter Gegenstände als Nebenstrafe (.
Dr. Fiedler in Fischers Zeitschrift, Bd. 12, S. 193 ff. — Strafbescheide: Ges. v.
24. Juli 1900 (562) § 74 Abs. 2: Verordnung u. 25. Juli 1900 (589) § 46.
2 Derartige (durchweg beschränkte) jederzeit widerrufliche Vollstreckungsbefugnis
ist den Bürgermeistern von 60 Städten verliehen worden: Sächs. Wochenblatt für
Verw. u. Polizei 1903, S. 67 und 1904, S. 261.
3 Sportelverzeichnis: Verordnung v. 26. August 1874 (153) und v. 1. Mai
1878 (68).