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haben, ergibt sich einerseits aus dem guten Zustande, in dem sich alle der
Gemeindeverwaltung anvertrauten Angelegenheiten im ganzen Lande — von
einzelnen wenigen fast unausbleiblichen Ausnahmen abgesehen — befinden,
sowie aus den, wenn auch meist nicht glänzenden, so doch — wiederum
von verschwindenden Ausnahmen abgesehen — wohlgeordneten wirtschaftlichen
Verhältnissen der sächsischen Stadtgemeinden und nicht zuletzt aus der im
allgemeinen herrschenden Zufriedenheit der Gemeindemitglieder mit der
Ordnung der Dinge in ihren Gemeinden, anderseits aber auch aus der
überaus großen Mannigfaltigkeit dieser Ordnungen, einer Mannigfaltigkeit,
deren wahren Grund diejenigen vollständig verkennen, die in ihr nur eine
möglichst bald und möglichst gründlich zu beseitigende Menge von Unregel-
mäßigkeiten und Willkür erblicken: niemals kann und wird eine Willkür-
wirtschaft über 30 Jahre hindurch Früchte zeitigen, wie sie die sächsischen
Stadtgemeinden im allgemeinen getragen haben und tragen; dem Vorwurfe
der Unregelmäßigkeiten dürfte aber auch hier das Wort einzuhalten sein:
„Wollt ihr nach Regeln messen, was nicht nach eurer Regeln Lauf, der
eignen Spur vergessen, sucht davon erst die Regeln auf!“ Dazu reicht
aber das Studium statistischer Tabellen über Zahl, Vermögen, Einkommen
und Belastung der in den einzelnen Städten anlagepflichtigen Personen und
über Gemeindebedarf und Besteuerungsart, Ertrag usw. bei weitem nicht
aus. Da ein Eingehen auf die städtische Finanzpolitik nicht zu den hier
zu behandelnden Aufgaben gehört, sei nur folgendes bemerkt 1: Die meisten
Städte erheben sogenannte Zentralabgaben, nämlich gemeinsame Abgaben,
deren Ertrag dann auf die Kasse der politischen Gemeinde und auf die
Kirchen-, die Schul= und die Armenkasse verteilt wird; andere Städte er-
heben die Abgaben für jede dieser Kassen getrennt, wieder andere verbinden
bei der Erhebung bald die einen, bald die andern dieser Kassen; nur in
drei Städten werden für die Kasse der politischen Gemeinde Abgaben
überhaupt nicht erhoben. Dabei weisen auch Zahl und Arten der in den
einzelnen Städten zur Erhebung kommenden Abgaben große Verschiedenheiten
auf: eine Einkommenstener für Gemeindezwecke im weitesten Sinne des
Worts (einschließlich des Bedarfs für Kirchen-, Schul= und Armenkasse)
findet sich in allen Städten2, und zwar wird der Veranlagung zumeist das
Ergebnis der staatlichen Einkommensteuereinschätzung zugrunde gelegt, nämlich
in 65 Städten mit RSt O. und 48 Städten mit Kl StO.; anlangend da-
gegen den Steuerfuß, die Skala, so haben sich nur 13 den für die Staats-
1 Die drei exemten Städte sind auch im folgenden außer Betracht gelassen.
* Eine Stadt berichtet, daß sie Einkommensteuer schon seit 1858 erhebe.