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(v. Graefe, Abgeordneter.)
sich reden läßt, sobald man nur von dem Gesichtspunkt
ausgeht, daß man es eben nur so betrachten will, wie es
in Bayern ist und auch im alten Preußen war. Die
Ansicht meiner Freunde mag vielleicht darüber geteilt sein,
aber jedenfalls wäre diese Frage, wenn sie nicht verbunden
wäre mit der Tendenz, die Kommandogewalt auszu-
schalten — das ist der entscheidende Unterschied —, für
uns diskutabel, ohne daß ich übrigens alle meine Freunde
auf diese meine Auffassung festlegen will.
Dasselbe gilt von dem, was vielfach in wirtschaft-
lichen Fragen stattfindet. Daß das Ministerium als
wirtschaftlicher Körper und Geschäftsmann oft nicht glücklich
ist, das wissen wir alle. Wenn in der Beziehung durch
die Verantwortlichkeit manches geändert werden könnte,
so ließe sich darüber gleichfalls reden, und da würden Sie
auch bei uns mancherlei Zustimmung gefunden haben.
Jedenfalls hätten wir eine Einigung finden können. Aber
ich wiederhole: das ist nicht die eigentliche Tendenz Ihres
Antrags — Sie behaupten es auch nicht! —, sondern
das ist eine kleine Nebenwirkung, die Sie gerne mit-
nehmen. Sie wollen aber vor allen Dingen die voll-
kommene Ausschaltung der Kommandogewalt oder, wie
Wilson es ausdrückt: „wenn es noch nicht möglich ist,
die allerhöchste Stelle ganz zu beseitigen, dann macht sie
wenigstens tatsächlich vollkommen bedeutungslos“. Das
wollen Sie damit erreichen, und das ist die effektive
Wirkung dieser Sache. Und das soll man als alter
Soldat, als alter Preuße, als Deutscher, der die Stärke
unseres Vaterlandes bisher in der Armee und in ihrer
Struktur gesehen hat, einfach kalten Herzens mitmachen?
Nein, meine Herren, das können Sie nicht verlangen!
(Sehr richtig! rechts. — Zurufe von den Sozial-
demokraten.)
— Ob ich mich begraben oder verbrennen lassen will,
das müssen Sie schon mir und meinen Erben zur Ent-
(Erneute Zurufe.)
Dazu kommt nun noch eine ganz besondere Schwierig-
keit dadurch hinzu, daß wir kein Reichsheer, sondern eine
Reihe von Kontingentsheeren haben, an deren Spitze die
Kontingentsherren, die Landesfürsten, stehen, und im
Kaiser nur für den Kriegsfall den Oberkommandierenden
haben, sonst aber für ihn nur Inspektionsrechte, die aber
auch noch nicht einmal die Exekutive des Erfolges der
Inspektion zulassen. Das macht es gerade so ungeheuer
schwierig, auch vom Verfassungsstandpunkt aus, mit einer
derartigen Fassung, wie Sie sie hier vorgelegt haben, die
Sache zu einem praktischen Resultat zu bringen.
Ganz dunkel war mir dabei die bayrische Extrawurst,
die der Herr Kollege Müller (Meiningen) bei dieser Ge-
legenheit wieder für seine engere Heimat haben wollte.
urufe.
Wenn Sie die Rechte Preußens in der Verfassung be-
schneiden, so liegt kein Grund vor, die alten bayrischen
Reservatrechte nicht auch entsprechend dem neuen parla-
lamentarischen System des Reichs anzupassen.
(Zurufe links.)
Sie müßten dann auch unter die Bestimmung fallen:
Die Ernennung, Versetzung, Beförderung und
Verabschiedung der Offiziere und Militärbeamten
eines Kontingents erfolgt unter Gegenzeichnung
des Kriegsministers des Kontingents. Die Kriegs-
minister sind dem Bundesrat und dem Reichstage
für die Verwaltung ihres Kontingents verant-
wortlich.
Nun, warum wollen Sie das für Bayern anders machen?
Da wollen Sie die alten Verhältnisse und Reservatrechte
bestehen lassen, die sollen nicht aufgehoben werden. Ich
verstehe aber nicht, warum Sie dann als Bayern über
den preußischen König verfügen wollen, diesen dem Reichs-
(8) scheidung überlassen.
Reichstag. — 197. Sitzung. Sonnabend den 26. Oktober 1918.
kanzler unterstellen, Ihren König aber nicht unterstellen (O
wollen?
(Sehr richtig! rechts.)
Wie wollen Sie das in Einklang bringen mit der Ge-
rechtigkeit und mit dem Grundgedanken der neuen Ver-
fassung im Reiche?
Meine Herren, nach der bisherigen Verfassung war
es wohl denkbar, daß sich die einzelnen Kontingentherren
unter den Oberbefehl des Königs von Preußen als
Primus inter pares stellten, aber es ist nach meiner
Auffassung nicht denkbar, daß die Kontingentsherren sich
ohne weiteres der jetzigen Regierung, dem Reichskanzler,
der weiter nichts ist als ein Beauftragter der jeweiligen
Reichstagsmehrheit, militärisch unterstellen. Wie Sie das
verfassungsrechtlich mit Ihrem Gefühl vereinbaren wollen,
ist mir nicht verständlich.
Es gibt auch der „Vorwärts"“ schon deutlich zu, was
damit gemeint ist. Er sagt, daß die ganze Regierungs-
gewalt, also auch die Kommandogewalt des Kaisers, ein-
fach in die Hand der Regierung gegeben werden soll.
Ich habe hier schon einmal von derselben Stelle aus
darauf hingewiesen, daß das Ziel des parlamentarischen
Regimes nur einen Schattenkaiser übrig lassen würde.
Damals haben Sie mir sehr entrüstet widersprochen und
gesagt: wir wollen keinen Schattenkönig, der König im
parlamentarischen Regime hat sogar eine bessere Stellung
als im konstitutionellen Staate. Heute sind Sie dabei,
der Wilsonschen Forderung nachzugeben, und fordern
selbst einen Schattenkönig! Tun Sie das freiwillig,
weil Sie Ihre Ansicht geändert haben, oder tun Sie
es, weil Wilson es verlangt? Jedenfalls sind wir heute
so weit, wie das ein Antrag verlangte, der einmal von
dem Abgeordneten Dr. Cohn gestellt worden ist, unsere
Heerführung, unsere ganze Armeeleitung, unter die Kon-
trolle einer parlamentarischen Kommission zu stellen, —
ein Antrag, der im deutschen Volke draußen vielfach mehr (D)
als ein humoristischer aufgefaßt wurde,
(sehr richtig! rechts)
vielleicht nicht wegen der Person des Antragstellers,
sondern wegen des Gedankens, ausgerechnet Hindenburg
und unsere anderen Heerführer unter eine parlamentarische
Kontrollkommission des Abgeordneten Cohn zu stellen.
Wir sind heute tatsächlich so weit! Wenn der „Vorwärts“
schreibt, es gehöre auch dazu die Beförderung, Ernennung
und Verabschiedung der Offiziere bis zum höchsten General-
stabsoffizier, so sollen tatsächlich auch unser Generalstab,
unsere Heerführer usw. formell dem Reichskanzler, praktisch
dem Mehrheitsausschuß des Reichstags unterstellt werden.
(Sehr richtig!)
Denn wenn Sie jetzt den Generalstab extra aufzuführen
noch unterlassen haben — ich weiß nicht warum —, so
ist das eine reine Außerlichkeit, weil ja in dem Moment,
wo unter Ihrer Kontrolle die höchsten Stellen in der
Armee besetzt werden sollen, auch der Generalstab unter
diesen Kontrollausschuß gestellt wird. Darum steht er
auch genau so unter der Parlamentskontrolle, wie wenn
Sie es in dem Antrage ausgesprochen hätten.
(Sehr richtig! rechts. — Zurufe links.)
— Ich weiß es nicht, aber nach dem Artikel der „Tante
Voß“ ist es so.
(Erneute Zurufe links.)
— Ich danke Ihnen, daß Sie mir durch Ihre lebhaften
Gegenreden Gelegenheit geben, meine Stimme, die von
meiner letzten Erkrankung noch nicht ganz hergestellt ist,
etwas auszuruhen.
Die Hinweise, die ich vorhin als unzutreffend be-
jeichner habe, auf Bayern und auf die früheren Zustände
n Preußen, die werden nun gewöhnlich von Ihnen er-
gänzt noch dadurch, daß sie auch auf Frankreich kmegen
und sagen: in Frankreich sind die Zustände in ähnlicher
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