Full text: Die Lügen unserer Sozialdemokratie.

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„Seit dem Gothaer Kongreß von 1875 lag die Geschäftsführung der 
Parteiangelegenheiten in der Hand von fünf Personen“ in Hamburg, an 
deren Spitze Geib stand. „Der Vorstand“ konstituirte sich bereits am 8. Juni 
1875, und wurden von diesem Tage an die geeigneten Maßnahmen getroffen, 
welche uns nothwendig erschienen, um den über ganz Deutschland zerstreuten 
Parteigenossen die Möglichkeit zu geben, durch Entrichtung ihres Partei- 
beitrages ihre Mitgliedschaft zu bekunden“, d. h. um, gegen die Vereins- 
gesetze der Einzelstaaten, und gegen die zahlreichen Richtersprüche, welche 
allerorten in Deutschland damals die Parteiorganisation der Sozialdemo- 
kratie auflösten und für ungesetzlich erklärten, doch die gemeinsame stramme 
Verbindung der Partei über ganz Deutschland zu behaupten. Eine treff- 
liche Vorschule für die spätere geheime Parteiorganisation unter der Herr- 
schaft des Sozialistengesetzes, namentlich in der Lockerung alles gesetzlichen 
Sinnes, in der Verhöhnung der Gesetze und Gerichte! „Der Vorstand hatte 
wöchentlich mindestens zweimal Sitzungen zu halten und alle einlaufenden 
Briefe sofort zu beantworten. Die Folge war, daß von keiner Seite Be- 
schwerden über die Geschäftsführung des Vorstandes an die Kontrolkommis- 
sion gelangten“ (also die Diktatur Liebknecht unangefochten blieb). „Der 
Vorstand hielt 127 Sitzungen und außerdem Konferenzen“ (d. h. mit An- 
deren) „.und das Sektretariat hat 112.47 Briefe und sonstige Sendungen 
abgeschickt und 3932 empfangen. Der Kassirer empfing 3700 Sendungen 
und schickte 900 ab.“ 
Die Jahresbilanz der Partei weist folgende Ziffern auf: 
Die „Parteikasse" empfängt saus Mitgliederbeiträgen (23,433 Mark), 
dem „Agitationsfonds“ (9278 Mark), aus dem Vertricb von Protokollen 
und Büchern (993 Mark), aus dem Ueberschuß der Parteiorgane (5445 Mark), 
aus dem „Wahlfonds“ (3261 Mark)] insgesammt 40,413 Mark 56 Pf. und 
giebt aus für „Verwaltung und Agitation“ 39,640 Mark, „an den Wahl- 
fonds" 772 Mark 60 Pf. 
Der „Unterstützungsfonds“ hat charakteristischer Weise ein Defizit (von 
458 Mark) aufzuweisen — er bildet den wunden Punkt unserer Rothen bis 
zum heutigen Tage — und balaneirt in Einnahme und Ausgabe mit 
10,217 Mark. 
Der Wahlfonds dagegen, welcher mit 8041 Mark balancirt, kann einen 
Ueberschuß von etwa 2 Mark an die „Parteikasse“ und von 206 Mark 
an den Unterstützungsfonds abgeben. Freilich fanden 1875/76 keine all- 
gemeinen Wahlen statt. 
Die Gesammteinnahme und -Ausgabe balancirt mit 54,432 Mark 
(darin steckt natürlich auch das Defizit des Unterstützungsfonds von 458 Mark). 
Nachträglich jedoch sind dem Wahlfonds vom Verleger des „Wähler“ noch 
4331 Mark zugegangen, so daß die Gesammteinnahme der Partei in diesem 
Jahre sich auf fast 60,000 Mark stellt. 
„Diese Summe umfaßt jedoch nur die Mittel, welche der Gesammtvor- 
stand in die Hand bekam. Mindestens dreimal soviel ist von den Partei- 
genossen zur Agitation u. s. w., an den einzelnen Orten aufgebracht worden.“ 
„Verfahren in Bezug auf die Agitation. Es wurde eine Anzahl dazu 
besonders geeigneter Genossen gewonnen, um als ständige Agitatoren mit 
vollem Gehalt ihre Dienste der Partei zu widmen, anfangs sechs, jetzt acht. 
Aufgabe dieser Genossen ist es, an einem bestimmten, vom Vorstand aus-