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Warschau, eine Streitkraft von 200,000 Mann auf-
stellten.
Preussen zwar erschien damals noch ohne Furcht-
barkeit. Seit dem Tilsiter Frieden schwebte es nur zwi-
schen Seyn und Nichtsepyn. Eilf franzdsische Militair=
strassen durchschnitten das Land; franzdsische Besatzungen
standen in den Vestungen Stettin, Küstrin, Glogau, de-
ren Erhaltung dem Kdnige jährlich 250,000 Rthlr. koste-
ten; auf den Wällen Stralsund's, Danzig's, und Mag-
deburg's umwachten Franzosen das preußische Gebiet.
Dieses, in seinem Wohlstand zerstdrt, in seinen Einkünf-
ten geschwächt, durch Leistungen und Abgaben aller Art
erschopft, zählte nur noch ein Kriegsheer von 32,000
Mann, entblößt von Magazinen, ohne Geschütz, fast
ohne Vestungen. Aber Männer, groß an Geist und
Gemüth, umringten den gebeugten Monarchen der Preus-
sen, und der schmachvolle Druck der Fremdlinge, welcher
das Volk entnerven sollte, stählte nur den Muth des-
selben, für Unabhängigkeit das Hochste zu wagen. Da-
durch bereiteten sich, unter den Augen der ausländischen
Wächter und doch in geheimnißvoller Stille, Rüstungen
ausserordentlicher Ark. Das Heer der 42,000 Mann
konnte in kurzer Frist zu einer Kriegsmacht von 150,000
erhdht werden; für eine solche Zahl von Streitern wur-
den Waffen herbeigeschafft und Feldstücke aus altem Ve-
stungsgeschütz gegossen. Die dem Knigreiche noch ge-
bliebenen Vestungen stellten sich bedeutsamer her, als
sie gewesen waren. Es ordneten sich unmerkbar Landwehr
und Landsturm an. Die fremde Gewaltherrschaft weckte
den Geist der Freiheit in jeder Brust. Der verderbliche
Rangstreit der Stände verschwand. Dem Verdienste wur-
de der Weg zu jeder Ehrenstelle aufgeschlossen; die Stell-