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und fest entschlossen war, ehrenvoll zu enden, wie es eh-
renvoll begonnen. So mit unsäglichen Mühseligkeiten
und mit Blut ward jeder Schritt erkämpft, welcher der
Stadt Wilna näher brachte.
Es war Nachmittags, als Wrede mit seinen Trup-
pen noch eine Stunde von Wilna entfernt seyn mochte.
Menschen und Pferde konnten wegen des Glatteises und
des beständigen Gefechts mit einem überlegenen Feind nur
dußerst langsam vorrücken. Da erblickte man vor sich meh-
rere Reihen von Reiterei, die mit Geschütz auf der großen
Heerstraße vor Wilna aufgestellt waren. General Wrede
und seine Begleiter glaubten anfangs, daß es von Wilna
ausgesandte Truppen wären, um den vom Feinde bedräng-
ten Heertheil zu unterstützen und aufzunehmen. Der Ge-
neral war mit seinem Gefolge und einigen bayerischen
Chevaurlegers vorausgeeilt, um mit den ihm näher rü-
ckenden Waffengefährten Abrede wegen einer zweckmäßi-
gen Aufstellung zu nehmen, als ihm plhdtzlich ein Kartät-
schenhagel entgegenrauschte. Es waren die Russen unter
dem General Tschaplitz, welcher den Vortrab der West-
Armee vor die Thore Wilna's geführt hatte. Er schickte
einen Officier als Parlamentair an den General Wrede
mit der Aufforderung, sich auf Gnade und Ungnade zu
ergeben, weil er, eingeschlossen von allen Seiten, früher
oder später diesem Schicksal zu Theil werde. Wrede
wies den russischen Officier, der dem bayerischen Gene-
ral den schimpflichen Antrag mündlich vortrug, kurz ab.
Bapern, Hessen und Westphalen reihten sich zum Kampf.
Der Kreis, welchen die russischen Schlachthaufen um die
schwache Schaar zogen, schloß sich immer enger. Ihr
Kartätschenfeuer aus zehn Stücken Geschütz donnerte von
vorn her und auf beiden Seiten. Bayern, Darmstädter