82. Die Neuordnung des Staates unter Maximilian Joseph I. 11
August's Bruder und Nachfolger als Kurfürst Maximilian Joseph IV. Besitz von der Regierung
der Länder des verstorbenen Kurfürsten.
§5 2. Die Neuordnung des Staates unter König Maximilian Joseph I. I. Gebiets-
veränderungen und Erwerb der Souveränetät!). Mit dem Regierungsantritt Maximilian Joseph's IV.
beginnt eine von der bisherigen wesentlich verschiedene Entwickelung Bayerunus.
Die gewaltige Umwälzung der slaatlichen Verhältnisse in den meisten Ländern Europa's, die mit
der französischen Revolution von 1789, mit der Erhebung und dem Sturze Napoleon's I., mit der
Neuordnung des politischen Zustandes von Europa auf dem Wiener Kongreß zusammenhing, macht
sich auch für Bayern in der eingreifendsten Weise geltend.
Vor Allem trat eine gänzliche Veränderung und bedeutende Vergrößerung des Staatsgebiets
ein. Der Lüneviller Friede vom 0. Februar 1801 brachte auch für den Kurfürsten von
Pfalzbayern die Abtretung seiner linksrheinischen Besitzungen an Frankreich mit sich, der Reichs-
deputationshauptschluß vom 25. Febr. 1803 Art. 2 fügte außer den Abtretungen anderer
kleiner Gebietstheile noch die des rechtsrheinischen Theiles der Pfalz hinzu, gewährte aber dafür eine
den Gebietsverlust reichlich übersteigeude Entschädigung durch die Ueberweisung der Bisthümer
Bamberg, Freising und Augsburg, des größten Theiles von Würzburg und von Theilen von Eichstädt
und Passau, dazu der Probstei Kempten, von 12 Abteien und von 15 Reichsstädten und
verschiedenen Reichsdörfern in Schwaben und Franken, von denen freilich ein Theil,
namentlich Ulm 1810 an Württemberg abgetreten wurde, während der größere Theil bei Bayem
verblieb. Weitere Gebietserwerbungen schlossen sich an den Krieg von 1805, an dem der Kurfürst
von Bayern als Verbündeter Napoleon's betheiligt war, und an die Stiftung des Rheinischen
Bundes, dessen bedeutendstes Glied Bayern war, an. Der Preßburger Friede vom
26. Dezember 1805 Art. 8, 13 brachte die dauernde Erwerbung des Restes der Bisthümer
Eichstädt und Passau, der Städte Augsburg und Lindau und den vorübergehenden Erwerb
von Tyrol und Vorarlberg, allerdings auch (Art. 11) den vorübergehenden Verlust der kurz
vorher erworbenen würzburgischen Gebietstheile. Auf Grund eines Vertrages mit Napoleon
wurde im Jahre 1806 gegen die Abtrekung von Berg an Napoleon das Fürstenthum Ansbach
mit Bayern vereinigt?); die Rheinbundsakte vom 12. Juli 1806, Art. 17, 24, 25 bestimmte
die Einverleibung der Reichsstadt Nürnberg, dann einer Anzahl zum Theil sehr bedeutender
reichsfürstlicher und reichsgräflicher), vieler reichsritterschaftlicher, namentlich
aller solcher von bayerischem Gebiete umschlossener, Gebiete und der Deutsch= Ordenskommenden
Rohr und Waldstetten. Dem schloß sich die Einverleibung sämmtlicher im Umfange des bayerischen
Staatsgebiets gelegener Besitzungen des deutschen Ordens an in Folge des von Napoleon am
24. April 1809 zu Regensburg erlassenen Dekretes 4) über die Unterdrückung des deutschen Ordens
in den Rheinbundstaaten.
Der Krieg Napoleon's mit Oesterreich im Jahre 1809, an dem Bayern wiederum Theil ge-
nommen hatte, hatte für diesen Staat neue Gebietoveränderungen im Gefolge. Die durch den Wiener
Frieden vom 14. Ollober 1809, Art. III. 1 vom Kaiser von Oesterreich an Napoleon abgetretenen Gebiete
von Salzburg und Berchtesgaden mit dem nördlich angrenzenden Theil von Oberöster-
reich (das 1779 von Bayern abgetretene Inn- und ein Theil des Hausruckviertels) giengen
auf Grund des Parifer Vertrages vom 28. Februar 1810 an Bayern über. Derselbe Vertrag bestimmte
die Einverleibung des Fürstenthums Bayrenth und des 1803 für den Kurerzkanzler gebildeten
Fürstenthums Regensburg in den bayerischen Staat, zugleich die Abtretung von Südtyrol an
Napoleon und einiger anderer Gebietstheile?), die kraft besonderer Verträge an Württemberg und
Würzburg übergingen, wie auch diese Staaten kleine Gebietsabtretungen an Bayern machten).
1) Außer v. Pözl, Art. Bayern a. a. O. S. 747 ff. ist besonders zu nennen: Gustav von
Lerchenfeld, Geschichte Baerns unter K. Max. Jos. I. Berlin 1854 und H. v. Sicherer, Staat
und Kirche in Bayern 1799—1821. München 1874, dazu auch Cl. Th. Perthes, Polit. Zustände
und Personen in schn zut Zeit der französ. Herrschaft. Das südl. und westl. Deutschlaud
Gotha 1862. S. 374 ff. und H. v. Treitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jahrh. Bd. 1
Leipz- 1882. S. 323
2) Der Vertrag ist meines Wissens noch ungedruckt. Pözl im Staatswörterbuch, Art.
Bayern S. 748 führt ihn unter dem Datum des 24. Februar an. Das Patent über die Besitz-
ergreisung von Ansbach vom 20. Mai 1806 im R. B. S. 189
3) Die Besitzungen der Grafen Iugger in Schwaben waren hon durch einen mit diesen
bbeschlffenen Vertrag vom 7/16. Juni 1806 (Döllinger, IV. S. 175 ff.) einverleibt worden.
gl. basfelbe im Corp. jur. confocderationis Germanicae 1 Meyer und Zöpfl I.
Frantftt) 1858, S.
) Der - vom *êP Februar 1810 steht im Corp. jur. conf. Genn. I. S. 118 ff.
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