Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

52 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. L 
Die wesentlich die Person treffenden Pflichten der Unterthanen gegenüber der 
Staatsgewalt sind indeß nicht alle Verpflichtungen zu bestimmten Dienstleistungen. Der 
Staat kann im Interesse der Erfüllung seiner Aufgaben auch ein in mannichfach anderer 
Weise (als Handeln, Unterlassen oder Dulden) zur Erscheinung kommendes per- 
sönliches Verhalten von den seiner Herrschaft Untergebenen verlangen 1). Aus dem 
großen Kreise der hier in Betracht kommenden Verpflichtungen mag ihrer hohen 
Bedeutung wegen die Schulpflicht hervorgehoben werden, welche in Bayern auch als 
Verpflichtung zum Besuche der Sonn= und Feiertagsschule (oder der dieselbe ver- 
tretenden Fortbildungsschule) nach Entlassung aus der Werktagschule und des 
öffentlichen Religionsunterrichtes während der Sonntagsschulpflichtigkeit er- 
scheint. Im Zusammenhange mit der Regelung der Schulpflicht ist die Verpflichtung 
der Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Dienst= und Lehrherren gesetlich aner- 
kannt, ihre schulpflichtigen Kinder, Pflegekinder, Mündel, Dienstboten oder Lehrlinge 
zum Schulbesuche anzuhalten. 
Art. 58 des Polizeistrafgesetzbuchs vom 26. Dez. 1871 bedroht die Verletzung dieser 
Pflicht, sowie die der Sonntagsschulpflicht seitens der Schulpflichtigen mit Strafe (Haft bis zu 
8 Tagen oder Geldstraje bis zu 15 Thalern, resp. Haft bis zu 3 Tagen) und verfügt schließ- 
lich (Abs. 3), daß die Dauer der Schulpflicht bis Lur Erlassung eines Schulgesetzs durch 
Verordnung bestimmt wird. Es ist nun durch V. O. vom 5. Nov. 1880 (G. und V. BV. 
S. 624 ff., modifizirt durch V. O. vom 26. April 1882 G. und V. B. "Pk 207 ff.) die Dauer 
der Werktagsschulpflicht auf 7 Jahre, (vom 6.—13. Lebensjahr), die der Sonn= und Feiertags- 
schulpflicht auf 3 Jahre festgesetzt, so zwar, daß bei ungenügenden Ergebnissen der Schlußprüfungen 
die eine wie die andere Pflicht noch um ein Jahr verlängert werden kann. Daß die Schulpflicht 
und die mit ihr zusammenhängende Verpflichtung der Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Lehr- 
und keienstherren für Erfüllung derselben zu sorgen, von der Staatsangehörigkeit mabhängig 
ist und auch die im Staatsgebiete sich nicht zur ganz vorübergehend aufhaltenden Ausländer 
trifft, ist keinem hweiel. nlerworfen. Vgl. die M.«E. vom 7. Febr. 1835 und 8. April 1835 
öllinger B. 9 S. 1428 ff.) . 
6 9. Die Pflichten der Unterthanen. (Fortsetzung.) III. Die auf das Vermögen 
unmittelbar wirkenden Pflichten. 1. Die Steuerpflicht. a) Die verschiedenen 
Erscheinungsformen derselben. Unter den allgemeinen Unterthanenpflichten, welche 
unmittelbar auf das Vermögen der Unterthanen wirken, ist vor Allem die Stener- 
pflicht in Betracht zu ziehen. Auch diese ergreift in verschiedener Ausdehnung bald 
nur die bayerischen Staatsangehörigen, bald auch andere Reichs- 
angehörige und Ausländer. Auch sie ist. sofern sie als Pflicht gegen den 
Einzelstaat Bayern erscheint, theils reichsgesetzlich, theils lan desgesetzlich geregelt: 
ersteres nicht nur insoferne, als die Erhebung der zur Reichskasse fließenden Steuern 
durch Organe des Einzelstaates zu geschehen hat, sondern auch insoferne, als die Erträg- 
nisse der Reichssteuern den Einzelstaaten theilweise oder ganz (die des Urkundenstempels 
au Aktien, Renten= und Schuldverschreibungen, Schlußnoten und Rechnungen und Lotterie- 
loosen nach dem Reichsgesetze vom 1. Juli 1881 § 32) zu Gute kommens). Vor Allem 
  
1) Vgl. hierzu Gareis in Bd. I. 1. dieses Hdb. S. 150. 
2) Bgl. hierüber auch Bl. für administr. Praxis Bd. 18 S. 73 ff. und 81 ff. und über 
die Schulpflicht nach bayerischem Rechte überhaupt, namentlich über die früher hinsichtlich derselben 
geltenden Bestimmungen und über die Möglichleit, ihr außerhalb der öffentlichen Schulen zu 
genügen Pözl, Verwaltungsrecht S. 480 ff. und Supplement S. 68, dann Kris s, der 
inneren Verwaltung im diesrhein. Va 2. Aufl. Bd. I. 1881 S. 348, Bd. 1 1882 S. 317 ff., 
v. Pechmann, Wirkungskreis der bayerischen Distriktsperwaltungsbehörden, 4. fl., v. Stadel- 
mann, Bamberg 1880 S. 190 ff. und Seydel, Grundriß des bayerischen Bironltungerachts 
S. 140 ff. 
3) VBgl. Laband in diesem Hdb. II. 1. S. 194 ff. und Staatsr. des Deutschen Neiches 
III. 2. S. 240 ff. Zorn, Staatsr. des Deutschen Seelht II. S. 206 ff. und dazu J. Hock 
der Finanzverwaltung im Königreich Bayern I., Bamberg 1880 S. 4 ff., II. 1883 S. 588 fl
	        
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