76 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 8 10.
mögens, unter Umständen auch die Verfügung über dasselbe im öffentlichen Inter-
esse, zumeist ebenfalls aus sicherheits= oder wirthschaftspolizeilichen Gründen nach Reichs-
wie nach Landesrecht unterliegt, auf die mannichfaltig bestehende Verpflichtung, die
Genehmigung der Verwaltungsbehörden zu bestimmten, hier in Betracht kommenden
Handlungen einzuholen oder auch den Anweisungen derselben in Bezug auf die
Vornahme oder Unterlassung solcher zu folgen, kann hier nur im Allgemeinen hingewiesen
werden.
Auf Einzelnes einzugehen ist unthunlich. Die hier in Betracht kommenden Rechtsvor=
schriften finden sich außer in der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich und den sie ergän-
zenden Gesetzen und Verordnungen namentlich in den Wassergesetzen, im Bergge esetz, im
Forstgesetz, im Gesetz über die Ausübung der Jagd vom 30. März 1850 (oben S. 24 fl.),
in der Fischereiordnung vom 4. Oktober 1884 (G.= u. V.-Bl. S. 459 ff.), in der allge.
meinen Bauordnung vom 19. September 1881 (G.= u. V.-Bl. S. 1241 ff.). Sehr eingehende
Bestimmungen sind über die Bereitung von Malz, Bier und Branntwein in finanzwirth-
schaftlichem Interesse im Malzaufschlags- und im Branntweinauschlagsgesetz ge-
troffen. Dazu kommen noch die einschlagenden Strafbestimmungen im Reichsstrafgesetzbuch
und im Polizeistrafgesetzbuch. Vergl. im Allgemeinen v. Sarwey in bkieinn Handbuch I. II.
S. 78 ff., 88, 132 ff. 137 ff. und dazu Roth, Civilrecht II. S. 80 ff. 1 7 ff.
§* 10. Die Rechte der Unterthanen. I. Allgemeine Uebersicht. Die bayerische
Verfassungsurkunde spricht in der Ueberschrift von Tit. IV. von „allgemeinen
Rechten“, sie erklärt das Indigenat für die nothwendige Voraussetzung zum
Genusse „aller bürgerlichen, öffentlichen und Privatrechte“ (Tit. IV.
8 1. I. Beil. § 1 vgl. auch oben S. 45 0) unterscheidet aber wieder in bestimmter
Weise zwischen bürgerlichen und politischen Rechten?).
Dieser Gegensatz von bürgerlichen und politischen Rechten, der auch sonft
in den Rechtsquellen und der Literatur der neueren und neuesten Zeit vielfach zur
Anerkennung gekommen, wenn auch nicht allenthalben in übereinstimmender Weise ver-
standen worden ist 3), kann im Sinne der Verfassungsurkunde im Zusammenhange mit
dem Sprachgebrauche der Zeit ihrer Entstehung doch wohl nur so aufgefaßt werden,
daß unter politischen Rechten diejenigen zu verstehen sind, welche eine (unmittelbare
oder mittelbare) Betheiligung an der Thätigkeit des Staates gewähren, während unter
bürgerlichen Rechten alle andern Rechte zu verstehen sind, die einer Person mit
1) Uebereinstimmend das Indigenatsedilt vom 6. Jan. 1812 (oben S. 39 Anm. 2) Art. I.
Die Erwähnung der allgemeinen Rechte in der V.-U. rechtsertigt eine Behandlung derselben und
ihrer verschiedenen Arten an dieser Stelle.
2) Tit. IV. 9 Abs. 2. „Die in dem Königreiche bestehenden drey christlichen Kirchen-
Gesellichaften genießen gleiche bürgerliche und politische Rechte;" vgl. dahun 11 Verf.-Beilage
§5 24, wo „die in dem Königreiche bestehenden drey christlichen Glaubens- Confes sionen“ als „öffentliche
Kirchen.Gesellschaften mit gleichen bürgerlichen und politischen Rechten“ anerkannt werden,
und das Ges. vom 1. Juli 1834 die bürgerlichen und politischen Rechte der griechischen Glaubens-
genossen betr. (G.-B. S. 41 ff. Art. I.) Maßgebend für die Fassung der erwähnten Verfassungs-
paragraphen scheint Art. 16 Abs. 1 der deutschen Bundesakte von 1815 gewesen zu sein. Das
Edikt vom 10. Jan. 1803 (s. oben S. 12), auf welches das Religionsedikt von 1809 § 28 (oben
S. 15) hauptsächlich verweist, spricht in allgemeiner Fassung von dem „vollen Genuß der bürger-
lichen Rechte", unter denen dann zwischen den Aktiv= und den Pass vrechten eines Bürgers
unterschieden wwird,
Ueber die Unterscheidung der bürgerlichen von den politisch en Rechten, welche
sch namentlich seit der Rheinbundsperiode unter dem o2 srenzöüscher Anschauungen gebildet
hat, vgl. Weiß, System des deutschen 3 Regensb. 1843 S. 572 ff. H. A. Zacharige,
deutsches Staats= und Bundesrecht I. Th. 3. Aufl. Gött. 1305 S 4½ ff. 446, v. Gerber,
Grundzüge eines Systems d. d. Staatsrechts 3. Aufl. Leipz. 1880 S. 51 ff. und die Lehrbücher
des deutschen Staatsrechtes von & Me S. 560 ff. und H. Schulze l. S. 364 ff. vgl. auch
Laband, Staatsr. d. d. R. 49 I. Gareis in diesem Handb. I, 1. S. 151 ff. und
v. Stengel, die Srrtchül * hi. Verwaltung Leipz. 1884 S. 34 ff. Ueber den Gegen-
sa von droits cirils et politigues im französischen Rechte vgl. den so bezeichneten Artikel
bei M. Block, dictionnaire de I’administration française 2 6d. 3 tir. Paris 1881 p. 822 fl.