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Maximilian II.“) bestieg den Thron seines Vaters in der Zeit
großer Aufregung. Das Volk war mit den bestehenden Verhältnissen
unzufrieden und wollte für Deutschland eine neue staatliche Ordnung
schaffen. Abgeordnete aller deutschen Stämme traten daher in Frank-
furt zusammen, um eine Reichsverfassung auszuarbeiten (1848).
Im nämlichen Jahre wurde Erzherzog Johann von Osterreich zum
Reichsverweser ernannt, und im folgenden König Wilhelm IV. von
Preußen zum erblichen Kaiser erwählt; aber er lehnte die Würde ab.
Während dieser Verwirrung und Uneinigkeit des deutschen Volkes brach
in der Pfalz ein republikanischer Aufstand los, der mit Gewalt unter-
drückt werden mußte. Eine zwischen den Ministern und der Volks-
vertretung Bayerns über die Auslegung der Verfassung entstandene
ernste Meinungsverschiedenheit ward beigelegt durch die königlichen Worte:
„Ich will Frieden haben mit meinem Volkel!“ .
Nach Herstellung der gesetzlichen Zustände unternahm Mar II.
eine Rundreise durch ganz Bayern, allenthalben begrüßt von dem
lauten Jubel und begleitet von der Liebe und Treue seiner Unterthanen.
Seinem Wahlspruch: „Gesetzmäßigkeit und Freiheit!“ hat er Kraft
gegeben durch Erfüllung vieler Wünsche seines Volkes.
Die bisherige Berufung der Abgeordneten nach Ständen ward auf-
gehoben und ein allgemeines Wahlrecht eingeführt, es wurden die
Schwurgerichte ins Leben gerufen und in Bezug auf die Rechtspflege
die öffentlichen und mündlichen Verhandlungen angeordnet. Das Gesetz
über Aufhebung und Ablösung der Grundlasten"*) befreite die Klein-
begüterten von drückenden Verpflichtungen, die bisher auf ihnen ruhten.
Damit waren vielfach neue Verhältnisse geschaffen, welche dem Lande
zum Segen gereichten. Mitleidigen Herzens und mit offener Hand
gedachte der König besonders der Armen und Notleidenden, die
noch heute von dem durch ihn gestifteten „Johannisverein“ unterstützt
werden. Für Förderung von Kunst und Wissenschaft war Mari-
milian landesväterlich bemüht; seiner sorgenden Aufmerksamkeit erfreute
sich die Volksschule wie die Universität. Er gründete das National-
museum zu einer Sammlung gewerblicher Erzeugnisse aus allen
Jahrhunderten und das Maximilianeum zu unentzeltlicher, höherer
Ausbildung besonders befähigter Jünglinge. Handel und Gewerbe
blühten durch Erbauung neuer Eisenbahnen, Herstellung eines Tele-
*) Geboren 1811 zu München, erwarb er als Kronprinz (1832) das Schloß
Hohenschwangau, an das sich durch die Welfen, Hohenstaufen, Scheyren und
Wittelsbacher so viele geschichtliche Erinnerungen knüpfen und machte es zu einem
der schönsten Punkte der bayerischen Alpen. Im Jahre 1842 vermählte er sich mit
der preußischen Prinzessin Marie, der jetzigen Königin-Mutter.
**) Gülten, die verbreitetsten bäuerlichen Abgaben und Leistungen, zu welchen
der Besitz von Grund und Boden verpflichtete: Hand= und Spanndienste, Herdgelder,
Zinskorn, Pfingstlämmer u. s. w.