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hinweisen. Sollte Graf Burian nicht bestimmte Jusicherung geben, derartiges Vor-
gehen in Zukunft nicht zu wiederholen, soll Graf Wedel als persönliche Ansicht aus-
sprechen, daß er sich befriedigende Ergebnisse von einem Besuch Reichskanzlers und
Staatssekretärs in Wien nicht versprechen könne. Ferner erhielt Graf Wedel Argu-
mente an die Hand, um auf Graf Burian zugunsten der von uns geplanten neutralen
Vermittlungsaktion einzuwirken. Diesbezüglich nehmen wir an, daß neutraler
Vermittler vor Ubernahme der Mission verlangen würde,
vonunsüber Grundlagen unterrichtet zuwerden, auf denen
wir zum Friedensschluß bereit sein würden. Diesem Ver-
langen würden wir unter Voraussetzung entsprechen
können, daß auch seitens unserer Gegner eine Mitteilung
ibrer Kriegsziele in großen Linien an den Vermittler er-
folgt. Auf diese Weise Anbahnung gegenseitigen Mei-
nungsaustausches ohne den Nachteil, daß wir als die Bit—
tenden erscheinen.
30. August. Talaat, der auf Reise nach Berlin in Wien Aufenthalt
mimmt, wird gebveten, in Wien für unseren Standpunkt einzutreten
Prinz Hohenlohe bei Staatssekretär, liest Telegramm Burians vor:
Friedensschritt dringlich, unverschiebbar. Burian werde, wenn wir nicht mitmachen,
ihn von sich aus unternehmen. Auf neutrale Intervention sei nicht zu rechnen.
Siaatssekretär entgegnet in dringlicher Form: Befremdet über Aktion mit Bulgarien
und Türkei hinter unserm Rücken, ferner zugunsten neutraler Vermittlung und
späterem Jeitpunkt. Graf Wedel erhält diesbezügliche dringliche Weisung: Ernst der
Lage zu berücksichtigen, der für Österreich-Ungarn aus Sondervorgehen entstehen
könnte.
1. September. Graf Wedel meldet: Kaiser Karl sei treibende Kraft.
Auf Grund gestriger Vorstellungen (Weisung vom 30. September) habe Graf
Burian bei Kaiser Karl gerade noch kurzen Aufschub erreicht.
3. bis 5. September. Nachdem auch am 2. September eine geeignete
Grundlage für eine Verständigung mit Graf Burian in der Friedensfrage nicht erzielt
worden war, ist Staatssekretär mit Unterstaatssekretär von Stumm persönlich in Wien
anwesend (Reichskanzler ist trotz österreich-ungarischer Aufforderung nicht gereist).
Auch die eingehenden mündlichen Verhandlungen mit Graf Burian, ferner ein persön-
licher Vortrag des Herrn Staatssekretärs vor Seiner Majestät dem Kaiser Karl
führten zu keiner Verständigung. Staatssekretär vertrat erneut die
deutsche Absicht, die Friedensaktion durch neutrale Ver-
mittlung und zu einem etwas späteren günstigern ZJeit-
runkte erfolgen zu lassen (etwa 2 Wochen bis zur Beendi-
aung der Rückbewegung des deutschen Heeres.) Demgegenüber
Graf Burian: Sofort und direkt. Trotz scheinbaren gelegentlichen Ent-
gegenkommens des Grafen Burian und Justimmung von Wekerle und Arz hält am
Schluß der dreitätigen Besprechungen Graf Burian an ursprünglichem Standpunkt fest.
7. September. Durch Eingreifen des Generals Cramon im Verein mit
Generaloberst von Arz willigt Kaiser Karl in Aufschub der österreich-ungarischen Note
und ersucht Generalfeldmarschall von Hindenburg um Beantwortung folgender Fragen:
1. Wo bezw. in welcher Linie beabsichtigt O. H. L. endgültig Widerstand
zu leisten?