112 Die Organisation. Die Behörden. 8 34
Die Kompetenz der Gemeindegerichte, die eine obligatorische ist, umfaßt unge—
fähr das Ganze durch 814 Ziff. 3 GVG. umschriebene Gebiet und erstreckt sich ins-
besondere auch auf das Mahnverfahren sowie auf die Anordnung des dinglichen Ar-
restes und den Erlaß einstweiliger Verfügungen. Ausgeschlossen von der Zuständigkeit
sind dingliche Klage in bezug auf Liegenschaften außerhalb der Gemarkung ebenso die
Fälle, in denen die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ergangenen Entscheidungen
einer Verwaltungsbehörde (einschließlich der Gemeindebehörden) oder einer Innung
durch die Berufung auf den Rechtsweg angegriffen werden können, und die Klagen auf
Ersatz von Wildschaden. Das Verfahren vor den Gemeindegerichten bestimmt sich,
da das Gesetz nur gewisse allgemeine Grundsätze aufstellt, im großen und ganzen nach
dem freien Ermessen des Gemeinderichters 1). Die Dienstaussicht führen die Amts-
gerichte.
Nach dem unterm 21. Juli 1908 ergangenen Gesetze kann das Amt des Gemeinde-
richters nicht nur auf Antrag des Bürgermeisters vom Gemeindevorstande einem
anderen seiner Mitglieder zugewiesen werden, sondern es kann auch in allen Orten
von mehr als 2000 Einwohnern mit Genehmigung des Ministeriums des Innern und
des Min. der Justiz auf Antrag des Bürgermeisters durch Gemeindebeschluß (Orts-
statut) bestimmt werden, daß das Amt des Gemeinderichters einem Beamten der
Gemeinde auf Amtsdauer übertragen werden darf. Die Ernennung des hiernach zu
berufenden Beamten bedarf der nochmaligen besonderen Genehmigung des Bürger-
ausschusses 2).
Die Gemeindevorsteher sind weiter durch ein besonderes Gesetz vom 16. April
1886 für den Bezirk ihrer Gemeinden als Vergleichsbehörden (Schieds-
männer) bestellt, in welcher Eigenschaft sie nicht nur die durch die Str. Pr. O. vorge-
schriebenen Sühneversuche bei Beleidigungen und Körperverletzungen vorzunehmen
haben, sondern auf Anrufen der Beteiligten auch zur Abhaltung von Sühneterminen
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bis zum Betrag von 300 Mark verpflichtet sind 3).
Auch dieses Amt kann von dem Gemeindevorstande einem anderen seiner Mit-
glieder und in Orten von mehr als 2000 Einwohnern durch einen Beschluß des Bürger-
ausschusses einem hierzu geeigneten Ortseinwohner übertragen werden ).
) Die Gewerbegerichte auf Grund des R. v. 29. Juli 1890 in der
Fassung des RG. v. 30. Juni 1901. Die Aufsicht über dieselben steht den Landgerichten
zu 5).
5) Die Kaufmannsgerichte, eingerichtet auf Grund des Reichs Ges. v.
6. Juli 1904 6). Die Zuständigkeit der beim Vollzuge dieses Gesetzes in Betracht
kommenden Behörden ist im Verordnungswege geregelt. Die unmittelbare Dienst-
1) Untersagt ist dem Gemeinderichter die Abnahme von Eiden, und in der Zwangsvollstreckung
kann er nur bei denjenigen Handlungen mitwirken, für welche die Gerichtsvollzieher kompetent
sind. §§ 116, 123 des Ges.
2) Der ernannte Gemeinderichter untersteht als solcher wie die Mitglieder des Gemeindevor-
standes den Vorschriften der §§ 23—28 der Gd. (St.)O.
3) G. u. WOl. S. 145 u. VO. (Dienstweisung) v. 10. Mai 1886 (G.u. VO l. S. 274).
4) Ges. v. 21. Juli 1908 Art. II. Die Berufung erfolgt im Zweifel auf sechs Jahre. Auch hier
finden die §§ 23—28 Gd. (St.) O. Anwendung.
5) R.G. Bl. S. 353 u. Ges. v. 19. Febr. 1892 (G.u. VO Bl. S. 29) sowic VO. v. 6. Nov. 1900
(G. u. VOBl. S 1037).
6) R.G. Bl. S. 266 ff.