Erster Teil.
Geschichtliche Ginleitung.
## l. Die badische Markgrafschaft. Den Grundstock des heutigen Großherzogtums Baden
bildet die seit dem Jahre 1771 durch Karl Friedrich von Baden-Durlach wiedervereinigte badische
Markgrafschaft. Wenn dieselbe auch ihrem räumlichen Inhalte nach nur etwa den vierten Teil des Ge-
bietes einnahm, das seit nunmehr hundert Jahren unter dem Namen des Großherzogtums Baden zu
einem einheitlichen Staatswesen verbundemn ist, so ist sie doch allein dasjenige Rechtsgebilde, das als der
Vorgänger des heutigen badischen Staates im rechtlichen Sinne angesehen werden kann, und ihre Ein-
richtungen sowie der in ihrer Verwaltung herrschende Geist sind es, die dem nachfolgenden Groß-
herzogtum das Gepräge aufgedrückt haben.
1. Die Anfänge der badischen Markgrafschaft reichen zurück bis in die Mitte des elften
Jahrhunderts. Als erster Herrscher derselben erscheint Hermann I., der älteste Sohn
Berthold I. des Bärtigen aus dem Zähringer Hause, das seit dieser Zeit in ununter-
brochener Reihenfolge dem Lande die Herrscher gegeben hat.
Berthold des Bärtigen Vorfahr, einem alten Grafengeschlechte des Breisgaus entstammend,
hatte von Kaiser Otto III. im Jahre 999 für sein Gut zu Villingen die Marktherrschaft mit
Münze, Zoll und Banngewalt erhalten); er selbst gewann, nachdem sich die ihm eröffnete
Anwartschaft auf das Herzogtum Schwaben zerschlagen, durch Kaiserliche Beleihung im Jahre
1061 das Herzogtum Kärnthen mit der Markgrafschaft Verona, ohne jedoch in den Besitz dieser
Länder gelangen zu können. Dessenungeachtet behielt er den Herzogstitel bei, auch nachdem
ihm in der Folge der Anspruch auf das Herzogtum Kärnthen förmlich abgesprochen war (1073).
Noch bei seinen Lebzeiten, wahrscheinlich gelegentlich seiner Wiedervermählung mit Beatrix
von Mousson, übertrug Berthold I. auf seinen ältesten Sohn Hermann neben anderen schwäbischen
Gütern die Grafschaft im Breisgau, indem er demselben, der von seiner Mutter Richware her
eine erbrechtliche Anwartschaft auf das Herzogtum Kärnthen mit der Mark Verona besaß und
bald nach seinem VBater ebenfalls mit diesem Herzogtum beliehen worden war, den Titel eines
Markgrafen einräumte.
Da Markgraf Hermann I. vor seinem Vater aus dem Leben schied :), und da sein überlebender
Sohn sich noch im zartesten Jugendalter befand, ging die Führung des Markgrafentitels mit
sämtlichen Ansprüchen auf Kärnthen und dessen Nebenlande nach dem im Jahre 1078 erfolgten
Tode Bertold 1. auf dessen jüngeren Sohn Bertold II. über, welcher der Begründer der
bertoldischen Linie des Zähringerhauses wurde, die machtvoll emporblühend, im Südwesten
Deutschlands und der Schweiz zu großem Einfluß gelangte, im Jahre 1215 mit dem Tode
Bertold V. aber wieder erlosch. Bertold II., außer Stand, das ihm von der päpstlichen Partei
übertragene Herzogtum Schwaben zu behaupten, nannte sich zuerst (1100) nach seiner im Breisgau
gelegenen Burg Herzog von Zähringena).
Der junge Sohn Hermanns I. führte nach des Großvaters Tod zunächst nur den einfachen
Grafentitel, es gelang ihm aber später, nachdem sein Oheim Bertold II. zum Herzog erhoben
worden, nicht nur den Markgrafentitel wieder zu erwerben, sondern er vermochte auch, sich im
1) Vgl. hierzu sowie zum folgenden F. v. Weech, Bad. Geschichte, Karlsruhe 1890.
S. 4 ff. und S. 13 ff., außerdem Ed. Heyck, Geschichte der Herzoge v. Zähringen, herausge-
geben von der bad. histor. Kommission, Freiburg 1891 S. 8, 28 ff., ferner R. Carlebach,
bad. Rechtsgeschichte, Heidelberg 1906, Teil I.
2) Er war im Jahre 1073 in das Benediktinerkloster Cluny eingetreten, woselbst er am
26. April 1074 verstarb. Vgll. Heyck, a. a. O.
3) Heyck, a. a. O. S. 185 ff.
Walz, Baden. 1