Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

82 Die Entstehung des Großherzogtums. 3 
meilen umfassende Markgrafschaft ein unmittelbares Territorium des Römischen Reiches deutscher 
Nation und als solches mit den alten markgräflichen Besitzungen dem Schwöbischen Kreise 
zugeteilt, wogegen die Grasschaft Sponheim dem Oberrheinischen Kreise angehörte. Im Rate 
der Fürsten, zu denen die Markgrafen, ohne durch ausdrückliche kaiserliche Entschließung dazu 
erhoben worden zu sein, anerkanntermaßen schon seit dem 14. Jahrhundert gerechnet wurden, 
führte der Markgraf von Baden unbestrittenermaßen 1) drei Stimmen, für Baden-Baden, Baden- 
Durlach und für die Markgrafschaft Hochberg. 
Von den dem Markgrafen verliehenen kaiserl. Privilegien war das wichtigste dasjenige 
de non evocando. Ein privilegium de non appellando stand ihnen nicht zu?). 
Die Form, in welcher die Landesherrschaft im Innern geführt wurde, war diejenige der 
absoluten Monarchie. Landstände, die früher in beiden Landesteilen wiederholt getagt hatten, 
waren seit der Mitte des 12. Jahrhunderts nicht mehr einberufen worden 2). Dessenungeachtet 
hielt sich, besonders unter Karl Friedrichs Regierung, der Landesherr bei Ausübung seiner Gewalt 
an gewisse Schranken gebunden, welche im Interesse der Freiheit des Einzelnen nicht überschritten 
werden sollten. Ein charakteristisches Zeugnis dafür gibt vor allem die Hofratsinstruktion Karl 
Friedrichs vom 28. Juli 1794. Hervorragende äußere Merkmale dieses Geistes der markgräflichen 
Verwaltung sind die schon im Jahre 1783 erfolgte Aufhebung der Leibeigenschaft, die Abschaffung 
der Tortur und die Einschränkung der Strafe der körperlichen Züchtigung, Gewährleistung der 
Gewissensfreiheit, gesetzlicher Schutz des Eigentums, Erleichterung des Wegzuges. 
Eine weitere Garantie für die rechtliche Stellung der Untertanen lag in der Form der 
Organisation der Verwaltung, die in drei Instanzen geführt wurde, von denen die beiden 
oberen kollegialisch eingerichtet waren. An der Spitze der Landesverwaltung stand das Geheime 
Ratskollegium oder Ministerium, unter diesem für Verwaltungssachen das Hofratskollegium, für 
die Justizverwaltung das Hofgerichtskollegium, für Finanzsachen das Rentenkammerkollegium, 
für geistliche Angelegenheiten das Kirchenratskollegium und für Kriegssachen die Militärkommission. 
Die Lokalverwaltung wurde in 10 Oberämtern und 26 Aemtern geführt, welche sowohl die 
Geschäfte der gesamten Verwaltung wie auch die Rechtspflege besorgten. 
#5# 2. Die Entstehung des Großherzogtums. In dem am 22. August 1796 abgeschlossenen Se- 
paratfrieden mit Frankreich ) mußte sich Baden verpflichten, die auf dem linken Rheinufer gelegenen 
Gebietsteile an Frankreich abzutreten, wogegen ihm eine später zu bewirkende Entschädigung durch 
rechts vom Rheine gelegene Ländereien in Aussicht gestellt wurde. Die Leistung dieser Entschädigung 
erfolgte dann nach Abschluß des Lüneviller Friedens vom 9. Februar 1801 durch den zum Vollzuge des 
letzteren unterm 25. Februar 1803 ergangenen Reichsdeputationshauptschluß. Baden erhielt dabei für 
seine abgetretenen linksrheinischen Besitzungen im Flächengehalt von 19 Quadratmeilen mit 
64 626 Seelen neben einigen kleineren Gebieten und einigen Reichsstädten vor allem das Bistum 
Konstanz, die Reste der Bistümer Basel, Straßburg und Speier, sowie die rechtsrheinischen 
Teile von Kurpfalz d. h. die Aemter Ladenburg, Bretten, Heidelberg mit den Städten Heidelberg 
und Mannheim, im ganzen 61 Quadratmeilen mit 253 396 Einwohnern. 
Zugleich empfsing der Markgraf durch § 31 RDPHSchl. die Kurwürde. 
Der Erwerb dieser neuen Landesteile, welche die alten Stammlande sowohl an Flächen- 
gehalt wie an Seelenzahl übertrafen, sowie die Vielgestaltigkeit ihrer Verfassung und Verwaltung 
machte eine neue Organisation des ganzen Landes nötig, welche schon in der ersten Hälfte des 
Jahres 1803 durch 13 umfassende Organisationsedikte ?) erfolgte, die, vom Geiste der Milde 
und Humaniät getragen, der die bisherige Regierung des Markgrafen Karl Friedrich glänzend aus- 
gezeichnet hatte, nicht wenig dazu mithalfen, die so verschiedenartigen neuen Gebiete mit der 
alten Markgrafschaft zu einem Ganzen zu verschmelzen. Besonders bemerkenswert war die im 
ersten Edikte geschaffene Neueinteilung des ganzen Kurfürstentums in drei Provinzen, 
die badische Markgrafschaft, die badische Pfalzgrafschaft am Rhein und in das obere Fürstentum 
  
  
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1) Die von den Markgrafen für Sponheim beanspruchte Stimme war bestritten. 
2) Moser, a. a. O., S. 229 ff. 
3) Moser a. a. O. S. 363 F. v. Weech, Die bad. Landtagsabschiede von 1554—1668, 
Karlsruhe 1877. Ein im Jahre 1771 in der neu erworbenen Markgrafsch. B.-Baden unter- 
nommener Versuch ihrer Reaktivierung blieb ohne Erfolg. E. v. Jagemann im Sammel- 
werk, S. 578. 
4) Abgedruckt bei Pfister: Die geschichtl. Grundlagen der Staatsverfassung des Großh. 
Baden. Heid. 1829, Teil 1 Beilage II. 
5) Diese Organ. Edikte sind nicht im Reg. Bl. sondern in besonderer Ausgabe in Buchform 
erschienen. 
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