178 Die Organisation. Die Selbstverwaltungskörper. l 53
selben zählen diejenigen Personen, welche von einem Bürger als Kinder abstammen,
oder die von der Gemeindeverwaltung nach Maßgabe der Vorschriften des Bürger-
rechtsgesetzes in den Bürgerverband aufgenommen sind, ebenso diejenigen Frauens-
personen, die sich mit einem Bürger verheiratet haben 1).
Für die Bürgerskinder gelangt das durch die Geburt begründete „angebo-
rene“ Bürgerrecht jedoch erst dann zur Wirksamkeit, wenn dasselbe durch eine for-
melle Erklärung „angetreten“ ist. Ein solcher Eintritt in das Recht, auf dessen Zu-
lassung eine Klage vor den Verwaltungsgerichten gewährt ist, kann für männliche
Abkömmlinge nur verlangt werden nach zurückgelegtem 25. Lebensjahr und unter
der Voraussetzung, daß der Eintretende ein den Unterhalt einer Familie sicherndes
Vermögen oder einen entsprechenden Nahrungszweig besitzt, und daß er bis zu einem
gewissen Grade unbescholten ist 2). Für die Bürgerstöchter wird der Antritt kraft
Gesetzes mit der Ehelichung eines Bürgers bewirkt 3).
Aufnahme in den Bürgerverband einer Gemeinde kann von jeder männ-
lichen Person verlangt werden, welche die badische Staatsangehörigkeit innehat,
25 Jahre alt ist, sich im Besitze eines den Unterhalt einer Familie sichernden Nahrungs-
zweiges, sowie eines gewissen Vermögens befindet, auch gut beleumundet ist. Auch
die Erteilung dieser Aufnahme kann zum Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen
Klage gemacht werden 4).
Die rechtliche Bedeutung des Bürgerrechtes besteht, abgesehen von den später zu
erörternden, nur für die männlichen Bürger geltenden politischen Befugnissen, darin,
daß den Bürgern, soweit nicht die Vorschriften des Unt. Wohns. Ges. entgegenstehen,
in ihrer Heimatsgemeinde der dauernde oder vorübergehende Aufenthalt niemals ver-
sagt oder erschwert werden darf, sowie in der ausschließlichen Befugnis zur Teilnahme
an etwaigen öffentlich-rechtlichen Nutzungen am Gemeindevermögen 5).
Solche Nutzungen können sich einmal aus einer etwa beschlossenen Verteilung
von Gemeindegut ergeben 6), sie finden sich außerdem in der großen Mehrzahl der
Gemeinden in der Form des sogen. „Bürgernutzens“?). Wo eine Einrichtung der letz-
teren Art, für deren Bestand und Anfang, sofern nicht durch zwei Drittel der Bürger
etwas anderes bestimmt ist, die Verhältnisse am 1. Januar 1831 als maßgebend an-
gesehen werden, vorhanden ist, besitzen die Bürger oder doch einzelne Klassen derselben
ein Recht auf den Genuß gewisser Gemeindeliegenschaften (Almendgüter) oder auf
den Bezug gewisser Nutzungen aus den Gemeindewaldungen. In diesen Genuß
rückt der Gemeindebürger s) dann ein, wenn er das 25. Lebensjahr zurückgelegt und
eine eigene Haushaltung oder ein Gewerbe auf eigene Rechnung begründet hat. Dem
1) & 4 ff. des Bürgerrechts-Ges.
2) 8§ 10 ff. des Bürg. Ges. § 2 Ziff. 1 VRPflGes.
3) § 5 des angef. Ges.
4) I§ 18 ff. des angef. Ges. 8 2 Ziff. 1 VRPflGes.
5) Vgl. d. bad. Aufenthaltsgesetz vom 5. Mai 1870 (G.u. WOl. S. 396) im Zusammenhalt
mit dem F 4 letzter Satz des Freizügigkeitsges. vom 1. Nov. 1867 (Bd. Gl. S. 55); ferner Bürger-
rechts-Ges. & 1 Ziff. 4. Die übrigen Vorrechte der Bürger sind, soweit sie nicht politischer Art sind,
infolge der neueren Gesetzgebung weggefallen.
6) I§ 113—117 u. §§ 131 ff. Gd. Ordg. §#§ 118 ff.
7) I§ 104—112 Gde. Ordg., VR RPflG. § 2 Ziff. 2. Vgl. dazu die ausführliche Kommentie-
rung von Wielandt a. a. O. S. 316 ff.
8) Auch Frauen der Bürger, wenn sie zu Witwen geworden. Vgl. Wielandt a. a. O.
S. 326 u. § 56 Bürgerrechts-Ges.