Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 63 Die Stiftungen. 201 
lichkeit aber nur als ein rechtlich unselbständiges Unternehmen darstellt. Eine 
Stiftung im Rechtssinne liegt, weil dabei kein eigenes Rechtssubjekt geschaffen 
wird, auch dann nicht vor, wenn das einem bestimmten Zwecke gewidmete 
Vermögen einer anderen juristischen Person zur dauernden Verwendung für diesen 
Zweck überwiesen wird (sogen. uneigentliche Stiftungen). 
Nach badischem Rechte kann sich aber aus einem Zweckvermögen der oben 
genannten Art nur dann eine Stiftung im Rechtssinne entwickeln, wenn der 
Stistungszweck ein öffentlicher ist, wenn er mit den Interessen des Ge- 
meinlebens in irgend einer Art zusammenhängt, mag auch der Kreis der vom 
Stiftungswillen berührten Personen ein recht eng gezogener sein. Wegen dieses 
Zusammenhanges mit dem Staatszweck sind denn auch alle Stiftungen als Mit- 
arbeiter der öffentlichen Verwaltung dem Organismus des Staates oder anderer 
öffentlicher Korporationen eingefügt. „Die Leitung des Stiftungswesens ist Ver- 
waltungssache“, und alle Streitigkeiten über den Charakter oder die Organisation 
einer Stiftung sowie über die Teilnahme an den Stiftungsgenüssen sind Fragen 
des öffentlichen Rechtes; nur das Stiftungsgeschäft untersteht dem Privatrecht #). 
Der Grundsatz, daß die Verwaltung aller selbständigen Stiftungen eine Auf- 
gabe des Staates und der von ihm anerkannten öffentlichen Korporationen sei, hat 
in Baden von jeher gegolten. Zweifel bestanden nur zu gewissen Zeiten darüber, 
wie diese Verwaltung zwischen dem Staate und den anderen öffentlichen Kor- 
porationen zu verteilen sei?). 
In der Markgrafschaft lag die Verwaltung der Stiftungen, auch die der 
kirchlichen, ganz in der Hand der landesherrlichen Behörden. Die Organisations- 
edikte des Jahres 1803 dehnten dies Verhältnis auf die neu hinzugekommenen 
Landesteile aus, jedoch unter Berücksichtigung der den ehemaligen Reichsstädten 
zustehenden Sonderrechte. Die in der Folgezeit sich anschließenden neuen Organi- 
sationsvorschriften hielten an den hiermit geschaffenen Grundlagen im Großen und 
Ganzen fest. Gleiches tat die umfassende Neuregelung des ganzen Stiftungswesens, 
die durch die beiden Verordnungen vom 21. Mai 1820 (für die Verwaltung der 
katholischen) und vom 10. Mai 1825 (für die evangelischen Stiftungen) erfolgte. 
Nur erhielt damals die Stiftungsverwaltung einen durchaus konfessionellen 
Charakter, und überall, auch in den ehemaligen Reichsstädten, wurden in der 
Lokalinstanz zur Mitverwaltung die Ortsgeistlichen berufen, allerdings als Beauf- 
tragte des Staates. Dieser Zustand wurde auch noch aufrecht erhalten, nachdem 
die Gemeinden durch die Gesetzgebung des Jahres 1831 ihres konfessionellen 
  
1) & 11 Abs. 3 des Ges. Nur insoweit können auch dic auf die Stiftungen bezüglichen Vor- 
schriften der 88 80—88 des BGB. zur Anwendung kommen. Uebereinstimmend Dorner, 
Ausf.G. zum BGB. S. 30 f. u. Dorner u. Seng a. a. O. S. 55. 
2) Vgl. zu dem folgenden die hochinteressanten Materialien des Ges. v. 5. Mai 1870. Ldtgs.= 
Verholgen. 1869/71, Beilagen zu d. Prot. der II. K. Heft IV S. 259 ff. (Reg. Begründung) VI 
S. 161 ff. bes. S. 173 ff. (Komm. Bericht des Abgeordneten Grimm) u. S. 283 ff. (Minoritätsgut- 
achten des Abg. Roßhirt), Beilagen zu d. Prot, der I. K. S. 423 ff. (Komm. Bericht des Abg. Dr. 
Hermann). Ueber das heute geltende Stiftungsrecht, soweit dasselbe durch das AG. zum B##. 
berührt wird, vgl. vor allem Dorner, Ausf.G. S. 28 ff. u. S. 73 ff., sowie Dorneru. Seng 
a. a. O. S. 54 ff. Einen wertvollen Beitrag zum badischen Stiftungsrecht lieferte die Schrift 
von H. Heimberger, Die konfessionell beschränkte weltliche Stiftung und ihre Verwaltung 
im Großh. Baden, 1907 (in den kirchenrechtlichen Abhandlungen v. Stutz, Heft 41).
	        
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