Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

867 Die Verordnungen. 213 
Wirkung in Anlehnung an die Ausdrucksweise der Reichs.-Verf. mit den Worten, 
die Gesetze erhalten ihre verbindliche Kraft 1). Gegen Dritte wirkt das erlassene 
Gesetz aber, falls nicht in ihm selber etwas anderes bestimmt ist, erst mit dem 
vierzehnten Tag nach Ablauf des Tages, der in der betreffenden Nummer des Ge- 
setzesblattes als Tag der Ausgabe bezeichnet ist ?2). 
Ein von der bisher geschilderten Regel abweichendes Verfahren pflegt in 
Baden dann Platz zu greifen, wenn es sich darum handelt, eine Anordnung, 
die in das Gebiet der Gesetzgebung einschlägt, auf dem Wege eines Staats- 
vertrages zu treffen, in den Fällen, in denen der Erlaß eines besonderen die 
staatsrechtliche Durchführung des Vertrages bewirkenden Gesetzes untunlich ist. 
Die Publikation dieser Verträge erfolgt zwar ebenfalls im Gesetzes= und 
VO.-Blatt unter Erwähnung der ständischen Zustimmung, soweit solche erforder- 
lich, ein förmlicher Gesetzesbefehl ist in der Veröffentlichung jedoch nicht ent- 
halten. 
§s 67. Die Berordnungen. 1. Nach der Organisation des badischen Staates 
tritt eine Beschränkung der Befsugnisse des Landesherrn nur dann ein, wenn die 
Verfassungsurkunde dies ausdrücklich vorsieht 3). Daraus folgt, daß der Großherzog 
in allen in den §#§# 53, 64 und 65 nicht genannten Fällen nach wie vor das 
Recht besitzt, auch Gesetze im materiellen Sinn, d. h. Rechtsvorschriften zu geben. 
Ebenso steht es außer Zweifel, daß der Landesherr zum Erlaß von Rechts- 
vorschriften überall da befugt ist, wo er von einem einzelnen Gesetze dazu er- 
mächtigt worden, richtiger gesagt, wo er sich diese Befugnis beim Erlaß des Ge- 
setzes mit Zustimmung der Stände vorbehalten hat. 
Selbstverständlich ist ferner, daß der Großherzog als Oberhaupt der ganzen 
staatlichen Verwaltung das Recht besitzt, zur Führung dieser Verwaltung inner- 
halb der bestehenden gesetzlichen Schranken die nötigen besonderen oder allge- 
meinen Anordnungen und Vorschriften zu erlassen. 
Die Verfassungsurkunde hat in ihrem § 66 diese letztere Befugnis nochmals aus- 
drücklich anerkannt: „Der Großherzog erläßt die aus dem Aussichts= oder Ver- 
waltungsrecht abfließenden — Verfügungen, Reglements und allgemeinen Ver- 
ordnungen.“ Sie hat aber weiter dem Landesherrn die allgemeine Ermächti- 
gung erteilt, in Ergänzung der Gesetze, soweit es für deren „Vollzug und Hand- 
habung erforderlich“ ist, die nötigen Ausführungsvorschriften zu geben, auch wenn 
dieselben sich als Rechtsverordnungen darstellen sollten. 
Und endlich hat sie dem Monarchen das Recht eingeräumt, in dringenden 
Fällen — aber nur in diesen — auch auf dem der formellen Gesetzgebung vor- 
behaltenen Gebiete mit seiner Verordnungsgewalt einzugreifen ). 
1) Eine Kritik dieser Ausdrucksweise siehe bei Dorner, Ausf.G. S. 4 in Anlehnung an 
Labond Stz. 5 55. 
2) Ausf.G. zum BGB. Art. 1 Abs. 2. Der bad. Gesetzgeber hat sich auch hier unter Auf- 
hebung der veralteten Vorschriften der LR S. 1 und 1 a eng an den Art. 2 der RVerf. angeschlossen. 
3) Vgl. hierzu die aus den Verhandlungen der bad. Ständeversammlung entnommene Mit- 
teilung von v. Calker in d. Kr. V. J. Schr. 3. f. Bd. X S. 100 Anm. I. 
4) Weiter geht das Eingriffsrecht nicht. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des §# 66, Verf. Urk., 
der nur in seinem zweiten Satz der konkurrierenden Zuständigkeit der Stände gedenkt. Die in 
Satz 1 erwähnten „für die Sicherheit des Staates nötigen Verfügungen, Reglements und allge-
	        
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