Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

214 Die Gesetzgebung. 867 
  
Das badische Recht kennt demnach neben den Verwaltungsverordnungen 
(den Verordnungen im materiellen Sinn) dreierlei Arten von Rechtsverordnungen, 
die selbständigen, die an ein Einzelgesetz sich anschließenden und die Not- 
verordnungen, für welche die Bezeichnung „provisorische Gesetze“ die übliche ge— 
worden ist. 
a) Die Verwaltungsverordnungen, im Gegensatze zu den Rechtsverordnungen, 
sind in der Regel Dienstordnungen oder Anstaltsordnungen. 
Die ersteren enthalten lediglich „verallgemeinerte Dienstbefehle“ des überge- 
ordneten Organes an das untergeordnete; sie bilden eine rein interne Angelegen- 
heit der Verwaltung. Die Anstaltsordnungen wenden sich zugleich auch an die 
für die Benützung der Anstalt in Betracht kommenden Kreise, diesen für 
den Fall, daß sie sich in das besondere Gewaltsverhältnis begeben, welches der 
Anstaltsbetrieb mit sich bringt, im Wege der Generalverfügung die nötigen Ver- 
haltungsmaßregeln vorschreibend 1). 
Neben den Dienstordnungen können als dritte Art von Verwaltungsverord- 
nungen noch diejenigen organisatorischen Vorschriften in Betracht kommen, welche 
sich ebenfalls ganz innerhalb des Kreises der Verwaltung bewegen, aber keine 
Befehle enthalten, sondern den Verwaltungsorganen Ermächtigungen hinsichtlich 
der Gestaltung ihres Dienstes gewähren 2). 
Aus der rein internen Natur der Dienstvorschriften und der ihnen rechtlich 
gleichstehenden organisatorischen Verwaltungsvorschriften folgt, daß für deren 
Erlaß eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben ist, und daß insbesondere die 
Bestimmung des Art. 1, Abs. 3 des AG. zum B#B. auf dieselben keine An- 
wendung findet 3). Das gleiche gilt für die nicht als Rechtsnormen auftreten- 
den Anstaltsordnungen, wenn auch hier eine der Veröffentlichung der Rechtsver- 
ordnungen analoge Publikation üblich ist. 
b) Die dem Großherzoge nach der Verfassungsurkunde zustehende selbstän- 
dige Befugnis zum Erlaß von Rechtsverordnungen konnte sich, wie oben er- 
wähnt, auf alle, nicht die Verfassungsurkunde berührenden und nicht in die 
Freiheit und das Vermögen der Untertanen eingreifenden Rechtsvorschriften er- 
erstrecken, somit innerhalb der bezeichneten Schranken das ganze Gebiet der nach 
außen wirkenden Organisationsvorschriften und der reinen Rechtsgewährungen 
umfassen. 
Tatsächlich hat jedoch diese Befugnis immer mehr an Bedeutung verloren, 
da die formelle Gesetzgebung in steigendem Umfange sich auch des durch § 65 
Verf.-Urk. nicht betroffenen Gebietes der Rechtssetzung bemächtigt hat, und da 
durch die Bestimmung des Art. 38 des Etatgesetzes für solche organisatorische 
Vorschriften, die auf die Erhöhung des Ausgabeetats (wenn auch nur für die 
meinen Verordnungen- können sich, wenn kein Fall der Dringlichkeit vorliegt, nur auf das von 
sl 65 Verf. Urk. freigelassene Gebiet der landesherrlichen Gesetzgebung erstrecken. Bgl. statt aller 
andern die zutreffende Darlegung von Thoma a. a. O. S. 116 u. ff. und in der Zeitschr. 1907 
S. 244. 
S. 
1) Vgl. Otto Mayer a. a. O. II S. 338, Thoma a.a. O. S. 356 u. ff. 
2) Vgl. hierüber: Jellinek, subi. Rte. S. 240 f. 
3) Die Behörden haben sich deshalb nach denselben zu richten, sobald sie von ihnen Kenntnis 
crlangt haben. Vgl. Dorner a. a. O. S. 9.
	        
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