12 Die natürlichen Grundlagen des Staates. Das Staatsgebiet. 86
durch besondere Vereinbarung mit den beteiligten Uferstaaten geregelt sind.
Soweit der Rhein als Grenzfluß in Betracht kommt, folgt die Hoheits-
grenze dem Talweg. Dies gilt insbesondere auch für den sogen. Konventions-
rhein von Basel abwärts 1). Da der Talweg im Oberrhein einem beständigen
Wechsel unterworfen ist, wurde in dem s. Zeit mit Frankreich abgeschlossenen
Grenzvertrag eine jährliche Neufeststellung des Talweges vereinbart und neben
der schwankenden Hoheitsgrenze noch eine festbleibende „Banngrenze“ gezogen,
die nicht nur für die Eigentums-, sondern auch für gewisse, aus dem Ge-
markungsverhältnisse abfließende Rechte (besonders für die Jagd= und Fischerei-
verhältnisse) maßgebend sein soll, so daß diese Rechte, wenn der betreffende
von der badischen Banngrenze mit umschlossene Gemarkungsteil jenseits der Hoh-
heitsgrenze zu liegen kommt, sich nach den badischen Vorschriften bestimmen
und umgekehrt 2).
Der Zug der einzelnen Landesgrenzen ist in der Natur durch besondere
Grenzmarken kenntlich gemacht, die unter der Aufsicht der Bezirksämter stehen.
Bei ihrer Berichtigung haben der Bezirksgeometer und die Ortsbehörden der
Grenzgemeinden mitzuwirken. Die Oberaufsicht über die Landesgrenzen führt
das Ministerium des Großh. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten 5.
2. Rechtliche Bedeutung. Das badische Staatsgebiet ist derjenige
Teil der Erdoberfläche, in dem die badische Staatsgewalt ausschließlich zuständig
ist. Alles, was innerhalb der Grenzen dieses Gebietes sich befindet, ist der badi-
schen Staatsgewalt unterworfen, und kein anderer Staat ist befugt, innerhalb
dieses Gebietes Herrschaftshandlungen vorzunehmen. Dieser Satz erleidet jedoch
vermöge der Stellung Badens im Reich insofern eine allgemeine Beschrän-
kung, als die Staatsgewalt des Reiches konkurriert. Das Gebiet des Glied-
staates Baden ist notwendiger Weise auch ein Teil des Reichsgebietes, und so-
weit die Gewalt des Reiches zuständig ist, hat sie auch die Gebietshoheit
über das badische Land. Weitere Einzelausnahmen bestehen auf Grund völker-
rechtlicher Normen oder infolge besonderer Vereinbarungen mit andern Staaten,
so bezüglich der diplomatischen Vertreter auswärtiger Länder, bezüglich der Benütz-
ung der internationalen Gewässer, ferner auf Grund der Militärkommission mit
Preußen für die in Baden garnisonierenden Truppen; infolge besonderer
Staatsverträge für die Beamten der im Lande ziehenden außerbadischen Eisen-
bahnen, für die Tätigkeit der in Baden tagenden Rheinschiffahrtskommission.
Die Verfassungsurkunde erklärt in ihrem § 3 das Großherzogtum für „un-
teilbar und unveräußerlich in allen seinen Teilen". Damit wollte zunächst dem
bereits der Proklamation Karl Friedrichs zu Grunde liegenden Gedanken Aus-
druck gegeben werden, daß der aus so verschiedenen Teilen zusammengesetzte Staat
1) Vertrag Badens mit dem Kanton Aargau vom 17. September 1808 (Reg. Bl. 1809 S. 289)
Lüneviller Friede von 1802; I. Pariser Friede von 1814, sodann Vertrag mit Frankreich vom
5. April 1840 (Reg.Bl. S. 129).
2) Vgl. hierüber sowie über die durch die große Rheinkorrektion geschaffenen Verhältnisse:
Bähr, Posser- und Straßenbauverwaltung in Baden, Karlsruhe 1870 S. 556 ff. Die inner-
halb der badischen Hoheitsgrenze gelegenen elsaß-lothringischen Gemarkungsteile werden als
„abgesonderte Gemarkungen“ im Sinne des §& 174 ff. Gd. O. behandelt.
3) Ldh. V.O. vom 5. April 1894 (G. u. V. O. Bl. S. 131).