Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

230 Die Verwaltung. Allgemeines. 8 71 
  
unrichtige Geschäftsbehandlung, auf welche die angegangene Stelle nicht weiter 
zu reagieren braucht; die angerufene Instanz ist vielmehr zu ihrer Prüfung 
verpflichtet. Wegen dieser Rechtspflicht der Behörde ist die Geltendmachung der ge- 
nannten Mittel auch an bestimmte präklusivisch und peremtorisch wirkende Fri- 
sten geknüpft 1). 
a)Der Rekurs ist als allgemeines Rechtsmittel jedem zugestanden, „dessen 
rechtliches Interesse durch eine Entscheidung oder Verfügung der Verwaltungs- 
behörden beeinträchtigt sein kann, und der dasselbe für verletzt hält"“ 2). 
Was unter „rechtlichem Interesse“ zu verstehen sei, ist nirgends gesagt. Die 
Verf.-Ordg. hebt nur zwei Fälle hervor, bei denen das rechtliche Interesse oder 
doch das Rekursrecht ausdrücklich verneint werden: Beim Streit eines Steuer- 
pflichtigen mit einem öffentlichen Verband gelten nur die beiden sich gegen- 
überstehenden Personen als rechtlich interessiert, nicht aber auch die übrigen 
Steuerpflichtigen; ebenso darf gegen eine Entschließung der Staatsbehörde im 
Disziplinarverfahren gegen einen Gemeindebeamten ein einzelner Bürger, wenn 
er auch als Anzeiger aufgetreten, das Rechtsmittel des Rekurses nicht ergreifen 3). 
Nach dem Wortlaute der Vorschrift und nach dem Grundgedanken der 
Verf.-Ordg. ist davon auszugehen, daß das Recht zum Rekurs nicht nur dem- 
jenigen zusteht, in dessen Rechtskreis eingegriffen worden, sondern auch allen 
den Personen, deren Interessen das Gesetz eine solche Bedeutung zumißt, daß 
es ihnen die Befugnis eingeräumt hat, im Verfahren als Beteiligte mitzuwir- 
ken. Dafür spricht auch die besondere Hervorhebung der beiden genannten Fälle. 
Ist nun einer dieser als „rechtliche Interessenten“ erscheinenden Personen im Ver- 
fahren aufgetreten, so kann er, wenn er behauptet, daß eine unrichtige Be- 
wertung seiner Interessen stattgefunden, die Vornahme einer nochmaligen Prü- 
fung begehren /). 
Berechtigt zur Einlegung des Rekurses ist ferner, wie früher schon erwähnt, 
„aus Gründen des öffentlichen Interesses“ auch der Vorsitzende des Be- 
zirksratesö5). 
Die Einlegung des Rekurses erfolgt bei der Behörde, gegen deren Ent- 
schließung Beschwerde geführt wird, mündlich oder in schriftlicher Form. Die 
Rekursfrist beträgt vierzehn Tage von der Zustellung bezw. Eröffnung der Ent- 
schließung an gerechnet. Innerhalb dieser Frist muß der Rekurs angezeigt und 
durch Angabe der einzelnen Beschwerdepunkte näher ausgeführt sein. Gegen 
1) Ueber die Beschwerde in Verwaltungssachen überhaupt vergl. vor allem Otto Mayer 
D. Verw. R. Bd. I S. 148 ff. Nicht als formelle Beschwerde, d. h. als Rekurs im Sinne der Verf. O. 
ist ein nach § 173 Gde.O. erhobener Rekurs anzusehen, wenn im Gesetze auch der gleiche Name ge- 
braucht ist. Die Verf.O. befaßt sich nur mit der Beschwerde gegen die Entschließung einer Staats- 
behörde Verf. O. 5 29. Vgl. Wielandt, Bad. Gde. R. 3. Aufl. S. 414. 
2) § 28 Verf. O. 
3) Verf.O. 58 28 Abs. 2; 8 30. 
4) Dem entspricht auch, soviel in Erfahrung gebracht werden konnte, die Praxis der Behörden. 
Nicht zugelassen wurde bei Prüfung von Wirtschaftsgesuchen die immer wiederkehrende Rekurs- 
beschwerde der übrigen Wirte. Ein allein auf die Einschränkung der Geschäftskonkurrenz gerichtetes 
Interesse kann bei bestehender Gewerbefreiheit nicht als ein „rechtliches“ angesehen werden. 
5) Verf. O. § 38. Vergl. oben S. 124.
	        
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