Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

232 Die Verwaltung. Allgemeines. 8 71 
  
Kenntnis gesetzt worden, sei es daß sie an der Wahrung ihrer Interessen ver— 
hindert waren. 
Die Frist zur Anbringung des Gesuches beträgt vier Wochen und beginnt 
mit der Bekanntmachung bezw. mit dem Anfang des öffentlichen Vollzuges der 
anzufechtenden Entschließung. Seine Zulassung bewirkt die Wiederherstellung 
der Instanz. 
Handelt es sich um die Beschwerde dritter Beteiligter gegen eine Bewilligung 
oder Genehmigung, so kann dieselbe, sofern nicht eine Täuschung der Behörden 
oder ein Verstoß gegen eine bestimmte Vorschrift unterlaufen, nur geltend ge— 
macht werden in den Fristen und Formen des Rekurses 1). 
8. Sind die zugelassenen Rechtsmittel erschöpft oder durch Versäumung der 
Fristen verloren gegangen, so erlangt die getroffene Entschließung die formelle 
Rechtskraft; die Verwaltungsbehörde ist zu einer nochmaligen Prüfung derselben 
nicht mehr verpflichtet“). Weiter aber geht die bindende Wirkung der Rechts- 
kraft nicht. Die Verwaltungsbehörde kann vielmehr auch eine unanfechtbar ge— 
wordene Entschließung immer noch von sich aus aufheben oder abändern, wenn 
sie die Verhältnisse nachträglich anders beurteilt. 
Dieser Grundsatz erleidet jedoch dann eine wesentliche Einschränkung, wenn durch 
die Entschließung für einen Beteiligten ein gesetzmäßiger Anspruch er- 
worben wurde. In diesem Falle ist die Aenderung der getroffenen Ent- 
schließung nur zulässig, wenn es sich um eine Bewilligung oder Genehmigung handelt, 
die erschlichen oder im Widerspruch mit den Vorschriften des obiektiven 
Rechtes (einschl. der sachlichen Zuständigkeitsbestimmungen) erteilt wurde, oder 
wenn sich durch spätere Verhandlungen herausstellt, daß die tatsächlichen Ver- 
hältnisse im wesentlichen anders gelagert sind, als man angenommen hattes). 
Darüber, was unter einem „gesetzmäßigen Anspruch“ zu verstehen sei, fehlt es 
an einer gesetzlichen Erläuterung. Aus der Wahl der Worte: Bewilligung und 
Genehmigung läßt sich bei der Unbestimmtheit des Sprachgebrauches der Verf.= 
Ordg. ein sicherer Anhaltspunkt nicht entnehmen. Unzweifelhaft ist aber, daß 
man mit der in Frage stehenden einschränkenden Vorschrift alle die Fälle im 
Auge gehabt hat, in denen es sich um Verwaltungsakte handelt, welche die 
Begründung eines subjektiven öffentlichen Rechtes zum Gegenstand haben. Hier- 
her gehören die Verleihung von Konzessionen im eigentlichen Sinn, von Anstalts- 
nutzungen besonderer Art, der Staatsangehörigkeit, der Beamteneigenschaft, die 
Konstituierung von Einzelbefugnissen der Selbstverwaltungskörper usw. Nicht 
aber fällt darunter die Erteilung einer der Polizeibehörde vorbehaltenen Er- 
1) 88 41, 42 Verf. O. 
2) Wohl aber ist sie verbunden, wenn ein Gesuch unter derselben Begründung von neuem vor— 
getragen wird, darauf einen neuen Bescheid zu geben. Die Verweigerung eines solchen mit der Be- 
gründung, daß über den vorgetragenen Tatbestand bereits rechtskräftig entschieden sei, ist unstatt- 
haft. Vgl. die in diesem Sinne sich aussprechende konstante Praxis des Preuß. Ob. Verw. Ger. Zu weit 
geht daher der in RPr. 1902 S. 259 mitgeteilte Erlaß des Minist. d. J. vom 16. April 1902 Nr. 27 760. 
3) Verf. O. § 43. Ueber die Frage der Rechtskraft der Verwaltungsentschließungen nach Bad. 
R. vgl. für das ältere Recht Weizel a. a. O. S. 295 ff., für die V O. vom 31. Aug. 1884 bes. 
die Abhandlung in Verw. Zeitschr. 1903, S. 104 ff. und das Urteil des VGH. vom 21. April 1903, 
Jeuuschr, ibo4. S. 23 ff., das sich vor allem auch über die wenig glückliche Fassung des § 43 Verf. O. 
ausspricht.
	        
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