8 6 Das Staatsgebiet. 13
ein einheitliches Ganzes bilden soll, dessen Gesetze gleichmäßig auf alle Landesteile
Anwendung finden, soweit nicht eine ausdrückliche Ausnahme gemacht ist. So-
dann soll dadurch dem schon mit der Begründung des Staates anerkannten und
im Hausgesetze vom 4. Oktober 1817 nochmals bestätigten selbstverständlichen
Grundsatze, daß das Staatsgebiet nicht mehr privatrechtlichen Verfügungen
unterliegen kann, eine erneute verfassungsmäßige Garantie verliehen werden.
Keinesfalls ist aber damit die Möglichkeit solcher Gebietsveräußerungen abge-
schnitten, die vom Staate aus beschlossen werden. Nur wird für diese je-
weils ein Akt verlangt, der die Voraussetzungen einer Verfassungsänderung er-
füllt 1). Die Verfassung spricht nicht auch von Gebietserwerbungen,
während das Hausgesetz solche vorsieht, indem es die etwa neu erworbenen
Landesteile ebenfalls dem Veräußerungsverbot unterwirft. Es dürfte deshalb
keinem Zweifel unterliegen, daß solche neue Gebietserwerbungen dem badischen
Staatsgebiete durch einfache Willenserklärungen des Monarchen ohne Zustim-
mung der Volksvertretung einverleibt werden könnten, soweit dadurch nicht
Aenderungen eines durch besondere Gesetze festgelegten Verhältnisses bewirkt
werden. Die Verbindung eines anderen Staates mit Baden zu dauernder ge-
meinschaftlicher Regierung im Wege der Personalunion, ist nach der unzweifel-
haften Bestimmung des §# 3 des Hausgesetzes ausgeschlossen, könnte also nur unter
gleichzeitiger Verfassungsänderung erfolgen 2).
Besondere Grundsätze gelten für diejenigen Gebietsveränderungen, die auf
die Grenzen des Reiches oder auf das Verhältnis der Einzelstaaten zum Reich
von Einfluß sind; deren Darstellung fällt in den Bereich des Reichsstaats-
rechtes 3).
Zur Erleichterung der Durchführung der Staatsaufgaben ist das ganze Land
in Gemarkungen eingeteilt, so daß jede Liegenschaft einer dieser kleinsten
Abteilungen des Staatsgebietes angehört. Die Gemarkungen sind für die ver-
schiedenen staatlichen Verwaltungszwecke in größere Abteilungen zusammengefaßt,
von denen die wichtigsten die Amtsbezirke sind.
Eine Ausnahme von dem Grundsatze der ausschließlichen Gebietsherrschaft
des badischen Staates greift bezüglich bestimmter in der abgesonderten Ge-
markung Bernbronn gelegenen Grundstücke Platz, hinsichtlich deren Baden in
einem Kondominatsverhältnis mit Württemberg steht ).
1) Mit Recht hat deshalb die zweite Kammer eine zwar vom Reich vollzogene, aber nur
mit Zustimmung der Landesregierung ohne Mitwirkung der Stände vorgenommene Gebiets-
änderung beanstandet. Vgl. Karlsr. Zeitung 1908 S. 1303.
2) Vgl. unten § 15 Ziff. 8.
3) Vgl. als Beispiel den bad. Grenzregulierungsvertrag mit der Schweiz vom 28. April
1878, der für das Reich erst auf Grund eines besonderen, zwischen diesem und der Schweiz
abgeschlossenen, Vertrages vom 24. Juni 1879 „als rechtsgültig anerkannt“ wurde. (RBl.
1879 S. 307); siehe ferner Ges. vom 21. Juli 1908 und die demselben vorausgegangenen Maß-
nahmen (G. u. V. O. Bl. S. 457, 458 und 460 ff.).
4) Die Grundbuchsverhältnisse dieser abges. Gemarkung sind durch St.-Vertrag v. 1. Dez.
1904 geregelt. (G. u. BO Bl. 1905 S. 1.)