14 Die natürlichen Grundlagen des Staats. Das Staatsvolk. 87
Zweites Kapitel.
Bas Staatsvolk.
§s# 7. Die Staatsangehörigen und die Fremden. Die persönliche Grundlage
des badischen Staates bilden seine Staatsangehörigen, die Badener. Ihnen
gegenüber stehen die im Staatsgebiete lebenden Nichtbadener oder Fremden.
Wer als Staatsangehöriger anzusehen ist, bestimmt sich nach den bis zum
1. Januar 1871 geltenden Anordnungen des VI. Konstitutionsediktes vom 4. Juni
1808 1) und seiner Nachträge, sowie nach dem an dessen Stelle getretenen Reichs-
gesetz vom 1. Mai 1870 über den Erwerb und Verlust der Bundes- und Staats-
angehörigkeit :2). Seit dem Eintritt Badens in das Reich sind die Angehörigen
des badischen Staates zugleich auch Reichsangehörige.
Was die rechtliche Stellung der Badener als Staatsangehörige betrifft, so
hat bereits das erwähnte grundlegende Konstitutionsedikt, dem übrigens auch
schon in der Markgrafschaft anerkannten Gedanken deutlichen Ausdruck verliehen,
daß die Staatsangehörigen nicht nur als der „Regentengewalt angehörige“ Unter-
tanen, sondern zugleich auch als die Mitglieder des Staates, als „Staatsgenossen“
anzusehen seien, denen neben besonderen Pflichten auch gewisse Rechte gegen
den Staat zustünden. Die Verfassungsurkunde hat diese Rechtsstellung der Ba-
dener von neuem bestätigt.
Ebenso ist in jenem Edikte bereits anerkannt, daß die Staatsangehörigkeit
auch über die Grenzen des Landes hinauswirkt, daß auch der auswärts lebende
Badener der einheimischen Staatsgewalt unterworfen bleibt, daß er aber auch
draußen den Anspruch hat auf „Staatsverwendung oder Vertretung“ 3).
Im Gegensatz hierzu war den im Staate lebenden Fremden, die infolge
ihrer räumlichen Beziehung zum Staatsgebiet, der Staatsgewalt gegenüber ebenfalls
in einem Unterwerfungsverhältnisse stehen, nur ein beschränkter Kreis von Befug-
nissen zuerkannt, die unter der Bezeichnung des „Gastrechtes“ zusammenge-
faßt wurden. Ein großer Teil der den Fremden auferlegten Beschränkungen ist
im Laufe der Zeit wieder beseitigt worden, so, vor allem diejenige des privat-
wirtschaftlichen Verkehrs, so daß heute die Stellung der Fremden, soweit die
durch Landesrecht geregelten Beziehungen in Frage kommen, und abgesehen von
der Geltendmachung der später zu erörternden politischen Rechte, derjenigen der
Staatsangehörigen grundsätzlich gleichkommt "). Die neueste Gesetzgebung hat
die Fremden insbesondere auch in weitem Umfang der direkten Besteuerung
unterworfen. Eine wesentliche Beschränkung ihres Rechtszustandes besteht, vor-
behaltlich etwaiger völkerrechtlicher Abweichungen, jedoch auch heute noch inso-
fern, als ihnen der Aufenthalt im Lande nicht nur wegen Miittellosigkeit, son-
dern auch wegen erfolgter Bestrafung (Freiheitsstrafen in den letzten fünf
Jahren) und selbst aus rein politischen Gründen jederzeit untersagt werden kann 5).
1) Reg. Bl. Nr. 18 und 19.
2) BGl. S. 355.
3) § 6 des Ediktes. #
4) Durch Art. 2 des bad. EG. zur Gewbe. Ordg. vom 21. Dez. 1871 sind hins. des Ge-
werbebetriebes auch die jurist. Personen des Auslandes den Inländern gleichgestellt.
5) Ges. v. 5. Mai 1870 (G.u. V. O. Bl. S. 396) 3 f.