Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

877 Die Staatsschulden. 253 
  
schuf zur Verwaltung der Staatsschulden eine von der allgemeinen Staatskasse 
unabhängige Amortisationskasse 1), der bestimmte Staatseinnahmen als Deckungs- 
mittel direkt zugewiesen wurden, und die einer besonderen Kontrolle unterworfen 
war. Noch im gleichen Jahre, unterm 18. November 1808 wurde über die 
Staatsschulden und über die Veräußerung von Staatsgut eine neue Vorschrift 
erlassen, die sogenannte „pragmatische Sanktion“, welche die Staatsschuldenprag- 
matik von 1806 ergänzte 2). · 
Die Verf.-Urk. hob diese Sanktion sowie diejenige vom 1. Oktober 1806 
wieder auf, da sie in ihren 88 57 und 58 die nötigen Kautelen vorgesehen 
hatte, sie erhielt jedoch das „Institut der Amortisationskasse in seiner Verfassung 
aufrecht“ 3). 
Eine nähere Regelung der Frage, inwieweit bei der Verwaltung dieser 
Kasse eine Mitwirkung der Landstände stattzufinden habe, erfolgte sodann, nach- 
dem man diese Angelegenheit zunächst jeweils für eine Budgetperiode im Wege 
der Einzelgesetzgebung geregelt hatte, durch das unterm 31. Dezember 1831 er- 
lassene Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Amortisationskasse, das 
als ein Bestandteil der Verfassungsurkunde erklärt wurde, und das in der durch das 
Abänderungsgesetz vom 22. Juni 1837 bewirkten Fassung heute noch in Gel- 
tung steht 70. 
Aus der Amortisotionskasse wurden in den ersten Jahren nach dem Aufkommen 
der Eisenbahnen auch die Kosten der vom Staate erbauten Bahnlinien bestritten. 
In der Folge hielt man es jedoch für richtiger, das gesamte staatliche Eisenbahn- 
wesen von dem übrigen, allgemeinen Staatshaushalt abzutrennen und als einen 
„abgesonderten“ Verwaltungszweig zu behandeln. Demgemäß wurde mit Gesetz 
vom 10. September 1842 zur Tilgung der staatlichen Eisenbahnschuld neben der 
Amortisationskasse eine besondere Eisenbahnschuldentilgungskasse ins Leben ge- 
rufen 5), welcher der volle Reinertrag der Post= und Eisenbahnverwaltung und 
später auch derjenige der Telegraphen- und Dampfschiffahrtsverwaltung als stän- 
dige Dotation zugewiesen wurde "). Auch dieses Gesetz wurde zu „einem Teil 
der Verfassung“ erklärt. 
Die Gesetzgebung des Deutschen Reiches zog der badischen Staatsschuldenver- 
waltung in formeller Beziehung gewisse Schranken, indem sie die Ausgabe von 
Staatspapiergeld und ebenso die Emission von Prämienanlehen den Einzelstaaten 
untersagte ). Von größerer Bedeutung war aber der mit der Reichsgründung 
zusammenhängende Umstand, daß Baden infolge seiner Anteilnahme an den von 
Frankreich gezahlten Kriegskosten im Jahre 1874 seine allgemeine, nicht mit dem 
Eisenbahnbau zusammenhängende, Staatsschuld vollständig abtragen konnte. Da- 
1) Reg. Bl. S. 256. 
2) Reg. Bl. S. 299 u. ff. 
3) Berf. Urk. § 22 Abs. 2. 
4) Reg. Bl. 1832 S. 21 und Reg. Bl. 1837 S. 119. 
4) Reg. Bl. 1842 S. 241; vgl. Regen auer d. a. O. S. 413. 
6) Art. 6 des Ges. Mit Uebergang der Post= und Telegraphenverwaltung an das Reich trat 
an die Stelle der frühern Bezüge der Anteil Badens an den Reichspostrevenüen, der seit 1888 auf 
500 000 M. fest begrenzt ist. Buchen berger a. a. O. S. 124. 
7) RG. v. 16. Juni 1870, RMünz Ges. Art. 18 und RG. v. 8. Juni 1871.
	        
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