Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

78 Die öffentlichen Abgaben. Allgemeines. 257 
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den Einzug besorgen die Bezirksfinanzstellen unter der Dienstaussicht der Steuer- 
direktion. Letztere kann auch gegen die Notare gewisse Aufsichtsbefugnisse gel- 
tend machen; im übrigen unterstehen die genannten Beamten auch hier der 
Dienstpolizei der Landgerichte und des Justizministeriums 1). 
Von den Erträgnissen der Erbschaftssteuer verbleibt den Einzelstaaten ein 
Drittel ihrer Roheinnahmen. Ueberwiesen werden ihnen vom Reiche nur noch 
die im Stempelsteuertarif Nr. 1—5 aufgeführten Abgaben sowie die Meisch- 
bottich- und Branntweinmaterialsteuer :). Auf Grund der seiner Zeit beim Ein- 
tritt in die Branntweinsteuergemeinschaft getroffenen Verabredungen hat Baden 
jedoch einen als Sonderrecht geltenden Anspruch darauf, daß ihm auch der Rein- 
ertrag der Verbrauchsabgabe und des Zuschlages zu derselben nach Maßgabe 
seiner Bevölkerungsziffer zugewiesen werde. Ebenso kann es verlangen, daß die 
Jahresmenge des mit 50 Pfg. zu versteuernden Branntweins, die innerhalb 
Badens hergestellt werden darf, in der Weise ermittelt wird, daß ihm auf den 
Kopf seiner Bevölkerung zwei Drittel derjenigen Litermenge reinen Alkohols zu- 
geteilt werden, welche sich für den Kopf der Gesamtbevölkerung der Brannt- 
weinsteuergemeinschaft ergibt. Die Verteilung des Bedarfs geschieht durch die 
Landesbehörden 3). 
Auf dem Gebiete der direkten Besteuerung sind der badischen Gesetz- 
gebung nur insofern Schranken gezogen, als reichsrechtlich Vorkehr dagegen ge- 
troffen ist, daß eine Doppelbesteuerung vermieden wird #). 
Von den unter die Kategorien der Gebühren entfallenden Abgaben hat 
endlich das Reich gewisse Arten seiner unmittelbaren Bestimmung unterworfen, 
so insbesondere diejenigen, die für die Inanspruchnahme der Gerichte zu 
leisten sind. 
Die Beitreibung der öffentlichen Abgaben richtet sich nach dem Gesetz 
vom 12. April 1899 und den dazu ergangenen Vollz.-Verordnungen. 
Nach der VO. des Finanz-Ministeriums vom 30. Mai 1899 5) erfolgt die 
Erhebung der öffentlich-rechtlichen Forderungen der Steuer= und Zollkassen, so- 
weit nicht reichsrechtliche Vorschriften oder spezielle landesrechtliche Bestimmungen 
etwas anderes anordnen, in der Regel durch die Steuereinnehmereien und nur 
ausnahmsweise durch die Bezirkssteuerstellen. Die von den Zollstellen erkannten 
Geldstrafen werden von diesen erhoben. Der Anforderung der direkten Steuern 
hat die Mitteilung eines besonderen, verschlossen zu übermittelnden Forderungs- 
zettels vorauszugehen, ebenso ist hier der Schuldner bei Versäumung der Zah- 
lungsfrist zunächst zu mahnen. Die Einleitung der Zwangsvollstreckung ist hier 
erst zulässig, wenn seit der geschehenen Mahnung acht Tage umlaufen sind, in 
den übrigen Fällen mit dem Eintritt des Fälligkeitstermins. 
1 Bad. Vollz. VO. v. 21. Juni 1906, G.u. VO Bl. S. 124 (VO. v. 7. Aug. 1890 G.u. VOl. 
S. 517 
2) Außerdem erhalten sie nach der Vorschrift des RGesetzes vom 4. Juli 1905 die Hälfte der 
in ihrem Gebiete erhobenen Abgaben für Wetten bei Pferderennen für Zwecke der Pferdezucht. 
3) RG. v. 24. Juni 1887, 3J 47 Abs. 2 und RG. v. 4. April 1898 Art. II sowie Bekanntmachung 
des Reichskanzlers vom 28. Juni 1898 (Rl. S. 1018). 
4) RG. v. 13. Mai 1870 (B #l. S. 119). (Betreibungsordnung). 
5) G.u. VOBI. S. 775. 
Walz, Baden. 17
	        
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