85 Die indirekten Steuern. Geschichtliche Entwickelung. 273
einzelnen Anlagen, Geschäftspapieren usw., sowie durch Anhörung von Sachver-
ständigen zu verschaffen. Personen, welche die vorgeschriebenen Steuererklärungen
nicht abgeben, sind durch ihn von Amts wegen einzuschätzen 1). Die Beschlüsse
des Schatzungsrates sind, sofern es sich nicht um bloße Gutachten handelt, nur
gültig, wenn der Steuerkommissär, der immer auch stimmberechtigt ist, mitge-
wirkt hat. Die Steuerdirektion kann statt seiner auch einen besonderen Kom-
missär dem Schatzungsrate beiordnen 2).
Nach Beendigung des Ab= und Zuschreibens hat der Steuerkommissär all-
jährlich das Kataster neu aufzustellen.
Gegen die Beschlußfassungen des Schatzungsrates steht den Pflichtigen,
wenn ihre amtliche Veranlagung aus dem Grunde erfolgt ist, weil sie den an
sie ergangenen Aufforderungen böswillig keine Folge geleistet haben, kein Rechts-
mittel zu, im übrigen ist der Beschwerdeweg an die Steuerdirektion eröffnet,
der binnen 14 Tagen betreten werden muß. Die Entscheidung der Beschwerde-
instanz kann mit der Klage an den Verwaltungsgerichtshof angefochten werden,
wenn bei der Vornahme der Schätzung, insbesondere auch bei dem eingehaltenen
Verfahren eine Gesetzesverletzung unterlaufen ist 3).
Die Schatzungsräte und alle bei der Verwaltung der direkten Steuern be-
teiligten Beamten und Personen sind verpflichtet, alles, was hierbei über die
Vermögens= und Erwerbsverhältnisse der Pflichtigen zu ihrer Kenntnis gelangt,
geheim zu halten.
Die für die Vornahme des jährlichen Steuerveranlagungsgeschäftes nötigen
Diensträume nebst Heizung und Beleuchtung haben die Gemeinden zu stellen.
Die Kontrolle über die Feststellung der direkten Steuern liegt der
Steuerdirektion ob /.
II. Die in direkten Steuern.
§ 85. Geschichtliche Entwickelung. Gleichzeitig mit der zu Beginn des vorigen
Jahrhunderts erfolgten Neuordnung der direkten Besteuerung war in Baden auch
eine umfassende Regelung der indirekten Steuern vorgenommen worden, die zum
Teil noch bis in die neueste Zeit die Grundlage des ganzen Systems dieser Besteuerungs-
art bildete.
Letzteres gilt vor allem bezüglich der unterm 4. Januar 1812 erlassenen Akziseord-
nung die neben einer Zollordnung und einer Ohmgeldordnung einherging. Die Akzise-
ordnung traf den Konsum von Wein, Bier, Branntwein, Körnerfrüchten, Oelstoffen,
Brennholz und Tabak, den Erbschafts= und Schenkungsverkehr, sowie die Uebertragung
von Liegenschaften. Für die Einlagerung von Wein in einem Wirtschaftskeller sowie
von Bier und Branntwein bei den Brauern und Brennern war durch die Ohmgeldord-
nung noch eine besondere Abgabe vorgeschrieben.
Die Besteuerung der Körnerfrüchte und Oelstoffe, des Brennholzes und des Ta-
baks wurde in den Jahren 1818 und 1825 wieder aufgehoben. Die Besteuerung des
Weines erfuhr nach mannigfachen Aenderungen eine Neuregelung durch das Gesetz
1) §§# 16 u. ff. des Ges.; wurde eine Erklärung eingereicht, so ist diese, sofern gegen deren Rich-
tigkeit keine Bedenken bestehen, der Veranlagung zugrunde zu legen.
2) § 23 des Ges.
3) 8§ 26 u. ff. des Ges.; eventuell hat der Verw. Ger. Hof eine anderweite Schätzung durch den
Schatzungsrat unter Beobachtung der von ihm über die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen
Vorschriften gegebenen Weisungen zu veranlassen! (§ 28 Abs. 3 des Ges.)
40 29 ff. des Ges.; vgl. auch die V O. des Min. der Finanzen v. 3. Nov. 1900 (G.u. VOl.
S. 1030).
Walz, Baden. 18