Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

286 Die Verwaltung der Finanzen. Die staatliche Finanzverwaltung. 8 90 
  
werden diese Positionen im Staatsvoranschlag so eingestellt, wie sich bei der end— 
gültigen Beschlußfassung die zweite Kammer dafür ausgesprochen hat. 
Die Gesamtabstimmung über den Staatsvoranschlag erfolgt erst mit der Ab- 
stimmung über das Finanzgesetz, welches das Ergebnis der Ausgaben= und Ein- 
nahmenfeststellung und die Ermächtigung zur Steuererhebung für eine Budgetperiode 
enthält. Wird das Finanzgesetz und damit auch das gesamte Budget von der ersten 
Kammer abgelehnt, so greift auf Verlangen der Regierung oder der zweiten Kammer 
das früher besprochene Durchzählungsverfahren Platz. 
III. Der Vollzug des Voranschlages. Nach der Vorschrift des Art. 6 
des Etatgesetzes ist „die Verwaltung der Staatseinnahmen und Ausgaben nach dem 
Finanzgesetz und insbesondere nach den von den Ständen genehmigten Voranschlägen 
zu führen, wie sie der Anlage zum Finanzgesetz oder den besonderen Gesetzen zu- 
grunde liegen, welche deshalb ergangen sind“. 
Daraus folgt, daß die Regierung die ihr im Staatsvoranschlage bewilligten Mittel 
nur für diejenigen Zwecke verwenden darf, für deren Erfüllung die ständische Geneh- 
migung erteilt war. Diese aus der Einheit des Budgets sich ergebende Beschränkung 
gilt auch für die Verwendung der etwa erzielten Ersparnisse. Weiter ist die Regierung 
selbstverständlich verbunden, sich bei der Bestreitung von Ausgaben aus Staatsmitteln 
an die Grenzen zu halten, die ihr durch die einzelnen Budgetsätze gesteckt sind. 
Nicht dagegen folgt aus der Etatfeststellung an und für sich für die Regierung die 
Verpflichtung, die zur Begründung der einzelnen Positionen des Staatsvoranschlages 
vorgesehenen Verwaltungshandlungen nun auch wirklich durchzuführen. Die Fest- 
stellung des Staatshaushaltes hat, wenn sie auch in der Form des Gesetzes vor sich 
geht, nach dem Verlaufe, den die Entwicklung des Budgetrechtes in Baden genommen, 
rechtlich doch nur die Bedeutung eines Verwaltungsaktes, mit dessen vorheriger Bil- 
ligung die Stände erklären, daß sie die vorgeschlagene Verwendung von Staats- 
mitteln nicht beanstanden. Daran ändert auch die Vorschrift des Etatgesetzes nichts, 
welche für Minderausgaben und Mindereinnahmen ebenso eine nachträgliche Erläu- 
terung und, soweit erforderlich, auch eine Rechtfertigung verlangt, wie bei Etatsüber- 
schreitungen, d. h. bei Mehrausgaben und Mehreinnahmen 1). Eine rechtliche Ver- 
antwortung für das Unterbleiben einer Ausgabe oder das Nichteinkommen einer Ein- 
nahme wird durch diese allein im Interesse einer übersichtlichen Haushaltungsführung 
gegebenen Vorschrift nicht begründet. Deshalb ist insbesondere auch eine von den 
Ständen vorgenommene Ausgabenerhöhung für die Regierung in rechtlicher Hinsicht 
in keiner Weise verpflichtend 2). 
Von dem Verbote der Ueberschreitung der seitens der Stände bewilligten Aus- 
gaben können unter gewissen Voraussetzungen im Wege landesherrlicher Entschließung, 
durch die (hier zugleich vorgeschriebeene) Erteilung eines sog. Administratiokredites 
Ausnahmen bewilligt werden, so für Mehraufwendungen bei außerordentlichen Ausga- 
ben, wenn der Mehraufwand zehn Prozent der Verwilligung und einen Höchstbetrag von 
10 000 Mk. übersteigt; für Vorauszahlungen bis zur Höhe eines ständischerseits genehmig- 
1) Art. 11 des Ges. 
2) Vgl. die auf dem Landtag 1899/1900 über diese Frage gepflogenen und bei v. Calker 
a. a. O. S. 259 ff. mitgeteilten Verhandlungen.
	        
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