Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

288 Die Verwaltung der Finanzen. Die staatliche Finanzverwaltung. 8 91 
  
verordnung nach § 66 Verf.-Urk. rechtsgültig vorzunehmen, da diese letztere Vor- 
schrift, wie früher erwähnt, auf die Abgabenbewilligung keine Anwendung findet. 
Stellt sich heraus, daß die Erfüllung der gesetzlich begründeten Ansprüche ohne Heran- 
ziehung der aus den beweglichen Abgaben zu erwartenden Einnahmen nicht möglich 
ist, so führt die Lösung des Konfliktes, der in diesem Falle auf einer Verfassungs- 
verletzung seitens der Stände beruht, über die Grenzen des Rechtes hinaus in das 
Gebiet der Politik. 
§ 91. Die Rechnungskontrolle. Jede Behörde, die Staatsvermögen verwaltet 
und über Staatsgelder verfügt, ist verpflichtet, über ihre Verwaltung Rechnung zu 
führen und die Einnahmen und Ausgaben mit Beweisstücken zu belegen. 
Aus diesen Einzelrechnungen werden die Hauptstaatsrechnung und die Haupt- 
rechnungen der einzelnen ausgeschiedenen Verwaltungszweige zusammengestellt. 
Die innere Einrichtung der Rechnungen hat sich nach den Vorschriften des Etatgesetzes 
und den im Verordnungswege ergangenen Anweisungen zu richten. Die Einnahmen 
und Ausgaben sind in Anlehnung an die betreffenden Titel „Abteilungen und Posi- 
tionen“ des Budgets nachzuweisen. Die Verrechnung von Einnahmen und Ausgaben 
unter anderen als den für sie bestimmten Positionen ist untersagt. Die nicht im Etat 
vorgesehenen außerordentlichen Einnahmen und Ausgaben sind in den Rechnungen 
getrennt von den etatmäßigen Einnahmen und Ausgaben zu buchen 19). 
Alle Rechnungen unterliegen einer behördlichen Prüfung, welche in oberster 
Instanz von der Oberrechnungskammer ausgeübt wird. Dazu tritt noch das allge- 
meine Rechnungsprüfungsrecht der Landstände. 
Die Oberrechnungskammer 2) hat die Rechnungen der Staats= und Staats- 
anstaltskassen teils selbst abzuhören, teils unter ihrer Aufsicht und Leitung abhören 
zu lassen. Sie hat die nötigen allgemeinen Instruktionen über die Rechnungsabhör 
im Einverständnis mit dem Finanzministerium zu erteilen und führt die Oberaufsicht 
über sämtliche Rechnungsarchive. 
Die beim Verwaltungshof, dem Oberschulrat, dem Landesgewerbeamt, der 
Oberdirektion des Wasser= und Straßenbaues, der Generaldirektion der Staatseisen- 
bahnen, der Forst= und Domänendirektion, der Steuerdirektion und der Zolldirektion 
bestehenden Rechnungsrevisionen sind unmittelbar den genannten Behörden, mittelbar 
der Oberrechnungskammer untergeordnet 3). 
Die Prüfung der Rechnungen ist abgesehen von der formalen und kalkulatorischen 
Prüfung noch besonders darauf zu richten: 
1. ob bei der Erwerbung, Benützung und Veräußerung von Staatseigentum und 
bei der Erhebung und Verwendung der Staatseinkünfte nach den bestehenden Gesetzen 
und Vorschriften unter genauer Beobachtung der maßgebenden Verwaltungsgrund- 
sätze verfahren worden ist; 
2. ob und wo nach den aus den Rechnungen zu beurteilenden Ergebnissen der 
Verwaltung zur Beförderung der Staatszwecke Abänderungen nötig oder zweckmäßig 
1) Art. 9 des Ges. . 
2) Vgl. Ges. vom 25. Aug. 1876 (G.u. VOl. S. 289) in der durch die Gesetze vom 29. Jan. 
1884 und vom 24. Juli 1888 (G.u. VOl. S. 10 und S. 399) bewirkten Fassung; ferner Ldh. V O. 
vom 14. Dez. 1878 (G.u. VOl. S. 237). 
3) Art. 1 und 8 des Ges.
	        
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