8 91 Die Rechnungskontrolle. 289
sind 1). Zur Durchführung ihrer Aufgabe ist die Oberrechnungskammer berechtigt,
von den einzelnen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu verlangen, die erwünsch-
ten Informationen sich eventuell durch besondere Kommissäre selbst zu erholen, sowie
die Kassen und Magazine zu revidieren 2). Alle das Rechnungswesen betreffenden
neuen Vorschriften sind alsbald der Oberrechnungskammer mitzuteilen, ebenso die
auf die Rechnungslegung bezüglichen Beschlüsse des Landtages 3).
Gegenüber den oben genannten Kollegialbehörden, die eigene Revisionsanstalten
besitzen, fungiert die Oberrechnungskammer als Berufungsinstanz. Gegen das Be-
rufungserkenntnis, sowie gegen die von der Oberrechnungskammer in erster Instanz
ergangenen Entscheidungen ist eine Revision an die sogen. erweiterte Kam-
mer zugelassen, welche sich zu diesem Zweck durch Zuzug eines Referenten und
eines Korreferenten aus der Zahl der Mitglieder der Finanzkollegien ergänzt .
Die Zuständigkeit der Landstände auf dem Gebiete der Rechnungskontrolle
erstreckt sich nach § 55 der Verf. Urk. auf die Prüfung der von der Regierung mit dem
Entwurfe des Staatsvoranschlages vorzulegenden „detaillierten Uebersicht über die
Verwendung der verwilligten Gelder von den früheren Etatsjahren“. Diese Uebersicht
besteht aus den Nachweisungen über den Vollzug der Staatsausgaben und Einnahmen
(Rechnungsnachweisungen) und den vergleichenden Darstellungen der Budgetsätze mit
den Rechnungsergebnissen 5).
Den Rechnungsnachweisungen und Darstellungen für deren Einrichtung das
Etatgesetz eine Reihe von Einzelvorschriften gibt ), hat die Oberrechnungskammer
unter selbständiger, unbedingter Verantwortlichkeit Bemerkungen darüber beizufügen:
1. ob die in der Rechnung aufgeführten Beträge in Einnahmen und Ausgaben
mit denjenigen übereinstimmen, welche in den von der Oberrechnungskammer ge-
prüften Kassenrechnungen in Einnahme und Ausgabe nachgewiesen sind;
2. ob und inwieweit bei der Vereinnahmung und Erhebung, bei der Verausgabung
oder Verwendung von Staatsgeldern, oder bei der Erwerbung, Benützung oder Ver-
äußerung von Staatseigentum Abweichungen von den Bestimmungen des gesetzlich
festgestellten Hauptfinanzetats oder der vom Landtage genehmigten Titel der Spezial-
etats, oder von den mit einzelnen Positionen des Etats verbundenen Bemerkungen,
oder Abweichungen von den Bestimmungen der auf die Staatseinnahmen und Aus-
gaben oder auf die Erwerbung, Benützung oder Veräußerung von Staatseigentum
bezüglichen Gesetze und wichtigeren Vorschriften stattgefunden haben, insbesondere
1) Art. 9 des Ges.
2) Art. 10 des Ges. Bei säumiger Behandlung der Rechnungen kann die Oberrechnungskam-
mer gegen die Schuldigen Ordnungsstrafen aussprechen und nötigenfalls einen Kommissar zur
Erledigung der gemachten Auflagen auf Kosten des Rechners absenden. Art. 12 des Ges.
3) Art. 11 des Ges.
4) Art. 13 u. ff. des Ges. Bei Wahrnehmung bedeutenderer Dienstnachlässigkeiten oder einer
untreuen Verwaltung hat die Oberrechnungskammer die Verfolgung des Schuldigen zu veran-
lassen (Art. 16 des Ges.). Den Rechnungsführern, die ihre Pflicht erfüllt haben, erteilt sie eine
Entlastung mit der Wirkung einer Quittung, ohne jedoch damit die Verfolgung von Rechenfehlern,
von Veruntreuungen oder der Ansprüche Dritter auszuschließen (Art. 17 des Ges.).
5) Etat Ges. Art. 9, Verf. Urk. & 60 Ziff. 1. Die Nachweisungen umfassen die beiden Jahre
der letzten Budgetperiode, die Darstellung stützt sich regelmäßig auf das erste Jahr derjenigen Bud-
getperiode, in welcher der Landtag einberufen wird. Die erstmalige Vorlage der Nachweisungen
und Darstellungen erfolgte bereits auf dem Landtage des Jahres 1835, vgl. v. Calker a. a. O.
S. 151. Dieselbe hatte damals lediglich die Bedeutung eines Informationsmittels für die Stände.
6) Art. 8 u. ff. des Etat Ges.
Walz, Baden. 19