Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

292 Die Verwaltung d. Finanzen. Die Finanzverwaltung d. Gemeinden u. Kreise. 8 93 
  
§ 93. Die Bestreitung des Gemeindeaufwandes. A. Allgemeines. 
Die Vorschriften über die Bestreitung des Aufwandes der Gemeinden haben 
seit dem Bestehen des Großherzogtums mannigfache Wandlungen durchgemacht. 
Die heute geltenden Bestimmungen beruhen, was die direkte Besteuerung 
betrifft, im wesentlichen auf der Gesetzgebung des Jahres 1879 und deren Um- 
änderungen gelegentlich der Einführung der Einkommen= und der Vermögens- 
steuer. Für die genannte Besteuerungsart gilt weiter der Grundsatz, daß die 
Gemeindesteuern, die im amtlichen Sprachgebrauch „Umlagen“ genannt werden, 
sich unmittelbar an die staatliche Besteuerung anzuschließen haben unter Benützung 
der vom Staate in den einzelnen Gemarkungen für seine Besteuerungszwecke 
aufgestellten Kataster. 
Zu einer individuellen Ausgestaltung des vom Gesetze ihnen vorgeschriebenen 
Steuersystems sind die Gemeinden nur in ganz beschränktem Maße befugt; die Er- 
hebung direkter Steuern, die der Staat selber noch nicht eingeführt hat, ist den Ge- 
meinden nicht gestattet. 
Bezüglich der indirekten Besteuerung, die das Gesetz in Beiträge, Gebüh- 
ren und Abgaben einteilt, besitzt die Gemeinde zwar etwas freiere Hand, aber auch 
hier kann sie nach den für die Geltendmachung der Gemeindeautomie maßgebenden 
Grundsätzen zur Einführung einer einzelnen Steuerart nur schreiten, wenn sie ein 
Gesetz dazu ausdrücklich ermächtigt, und jeder eine solche Steuer einführende Beschluß, 
der immer von der Gemeindevertretung zu fassen ist, bedarf der Staatsgenehmigung. 
Als eigenartiges Hilfsmittel zur Erfüllung der den Gemeinden gesetzlich obliegenden 
Aufgaben kommen in beiden Arten von Gemeinden noch die von den umlagepflich- 
tigen Einwohnern zu leistenden persönlichen Dienste in Betracht, deren 
Art und Umfang durch autonome Satzung näher zu bestimmen sind, und die besonders 
in den nicht der St O. unterstehenden Gemeinden erhebliche Bedeutung besitzent). 
Was das Verhältnis der einzelnen Deckungsmittel zu einander angeht, so sind 
nach der Vorschrift des Gesetzes die Gemeindeausgaben zunächst aus den Erträgnissen 
des Vermögens und der wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde, dann aus 
den eingeführten Beiträgen, Gebühren und Abgaben und zuletzt, wenn auch eine 
bestimmte auf den Bürgernutzen zu machende Auflage den Bedarf nicht deckt, im Wege 
der Umlageerhebung aufzubringen 2). 
.B8B. Die Beiträge und Gebührenz). 
1. Die Verpflichtung zur Entrichtung besonderer Beiträge an die Gemeinde 
kann denjenigen Personen auferlegt werden, welchen aus Veranstaltungen, die die 
1) Gde. O. o§s 96 ff. St O. §§8 96. Die Dienste können durch Stellvertreter geleistet werden. 
In den nicht der St O. unterstehenden Gemeinden kann die Naturalleistung von Hand= und Fuhr- 
diensten für die Gemeinde beschlossen werden, sofern für die Bezahlung dieser Dienste Umlagen 
erhoben werden müßten. Zur Leistung dieser Dienste sind diejenigen verpflichtet, die zum Betrieb 
eines Gewerbes oder der Landwirtschaft in der Gemeinde Zugtiere besitzen. Gewisse Personen 
sind von den persönlichen Diensten befreit. 
2) I§ 68, 81 Gde.(St.)O. . 
3)Gde.(St.)O.§§69—72,diegelegentlichdcrEinführnngderVermögenssteuerdurchdas 
Ges. v. 19. Oktob. 1906 neu gefaßt wurden. Dabei wurde die bisher bestandene Einrichtung der 
sogen. Sozialausgaben beseitigt.
	        
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