294 Die Verwaltung der Finanzen. Die Finanzverwaltung d. Gemeinden u. Kreise. 8 93
lichen Behörden unter Anwendung der für die entsprechende Staatssteuer geltenden
Grundsätze. Der Ertrag wird den Gemeinden vierteljährlich verabfolgt.
Mit Staatsgenehmigung können die Gemeinden auf die Erhebung der Abgabe
ganz oder teilweise verzichten 1).
3. Die Lustbarkeitssteuer, deren Einführung im freien Ermessen der
Gemeinden steht, kann sich insbesondere auch auf Musikaufführungen, Schaustellungen
und theatralische Vorstellungen erstrecken 2).
4. Die Warenhaussteuer, die wiederum kraft Gesetzes eintritt, erfaßt
die Kleinhandelsbetriebe, die nach der Verschiedenheit der geführten Warengruppen,
der Zahl der beschäftigten Personen, der Höhe des Mietwertes der Geschäftsräume
und der Art ihres Geschäftsverfahrens als Warenhäuser anzusehen sind, vorausgesetzt,
daß sie im Lande ihre Hauptniederlassung haben, und daß ihr inländischer Umsatz
wenigstens 200 000 Mark beträgt.
Die Warenhaussteuer wird für jedes Jahr beim Steuer-Ab= und Zuschreiben
durch die staatliche Behörde festgestellt und nach einer im Gesetze niedergelegten,
dem Jahresumsatz angepaßten Stufenordnung bemessen; sie darf mehr wie zehn
Prozent des gewerblichen Ertrages des Gesamtbetriebs nicht übersteigen. Die De-
fraudationsstrafen fließen ebenfalls in die Gemeindekasse 3).
5. Die Gegenstände, von denen eine Gemeindeverbrauchssteuer
(Octroi) erhoben werden darf, sind im Gesetze genau angeführt. Der größere Teil
derselben wird auf Grund des §& 13 des Zolltarifgesetzes vom 25. Nov. 1902 vom
1. April 1910 an der Gemeindebesteuerung entzogen"). Es verbleiben dann nur
noch: Bier, Essig, Obstwein, Wein, Kunstwein, Branntwein, Geflügel, Wildbret,
Fische, Krebse, Marktviktualien (außer Kartoffeln und Milch), Brennstoffe und Fourage.
Die Einführung der Verbrauchssteuern steht im Ermessen der Gemeinden; die
Abgabesätze dürfen jedoch höchstens derart bestimmt werden, daß der jährliche Roh-
ertrag der Verbrauchssteuer nach Abzug der Rückvergütungen ein Drittel des Ge-
meindeaufwandes nicht übersteigt. Der Großherzogliche Hofhalt, die am Großherzog-
lichen Hofe beglaubigten Gesandten, die Militärverwaltung und die für den Betrieb
der Staatseisenbahnen und die staatliche Dampfschiffahrt bestimmten Brennstoffe sind
von der Verbrauchssteuer befreit 5). Für die Verarbeitung steuerpflichtiger Gegen-
stände zu Waren, die der Steuer nicht unterliegen, ebenso für die Ausfuhr bereits
versteuerter Sachen wird eine Rückvergütung der Abgabe gewährt. Streitigkeiten
entscheiden die Verwaltungsgerichte #9).
6. Die Ahndung der Hinterziehung der Verbrauchssteuern, Lustbarkeitsabgaben,
Brücken-, Pflaster= und Marktgelder erfolgt nach Maßgabe des Gesetzes vom 18.
1) Gde.(St.) O. § 74; VO. v. 1. Aug. 1904 (G.u. VOl. S. 262).
2) Gde.(St.) O. § 75.
3) Gde.(St.) O. #§ 76—76 i; VO. v. 7. Nov. 1904 (G.u. VOl. S. 433).
4) Reg. Bl. S. 303. Es sind dies: Getreide, Hülsenfrüchte, Mehl und andere Mühlenfabrikate,
Backwaren, Vieh, Fleisch, Fleischwaren und Fett. Vgl. außerdem die im Zollvereinsvertrag vom
8. Juli 1867 (Reg. Bl. S. 470) und (hinsichtlich des Salzes) die im Art. 2 des Uebereinkommens
v. 8. Mai 1867 (Reg. Bl. S. 457) enthaltenen Beschränkungen.
5) Bezüglich der Militärverwaltung vgl. Ges. v. 16. Mai 1888 (G.u. VOl. S. 233).
6) Gde. (St.) O. J 77—80.