Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

§ 96 Die Finanzverwaltung der Kreise. Allgemeines. 299 
  
In das Kreissteuerkataster, das die Steuerwerte nach dem Stande enthält, in dem 
sie der Feststellung des Gemeindeumlagefußes für das nämliche Umlagejahr zugrunde 
liegen, sind auch die Steuerwerte der Gemeinden selber sowie diejenigen des Betriebs- 
und Kapitalvermögens der Stiftungen mitaufzunehmen, deren Ertrag zur Förderung 
der Zwecke der Gemeinden bestimmt ist. Steuernachträge und Steuerrückvergütungen 
sowie die etwa durch Gemeindesatzung beschlossenen Abweichungen von der gesetz- 
lichen Regel der Veranlagung bleiben außer Betracht 1). 
Die Verbescheidung der Kreisrechnung erfolgt ebenso wie die Aufstellung 
des Voranschlages durch die Kreisversammlung. Die Staatsregierung kann jedoch 
einzelne Rechnungen des Kreises der Oberabhör unterziehen ?. 
Die Aufnahme eines Anlehens auf Rechnung des Kreises kann immer nur mit 
Genehmigung der Staatsbehörde erfolgen 3). 
Ueber die Beitragsverpflichtungen zu den Bedürfnissen der Kreisverbände ent- 
scheiden die Verwaltungsgerichte (Bezirksrat am Sitz des Kreises und der Verw.= 
Ger. Hof) /). 
Pritter Abschnitt. 
Die innere Verwaltung. 
Erstes Kapitel. 
Bie Polizei 5). 
§ 96. Allgemeines. I. Im Sprachgebrauch der badischen Gesetze und Verord- 
nungen findet sich in zahlreichen Fällen das Wort Polizei oder polizeilich; mitunter 
wird die Polizei als Unterabteilung des großen Gebietes, das man nach Abzug der 
auswärtigen-, der Justiz-, Militär= und Finanzverwaltung unter dem Namen der 
inneren Verwaltung zusammenfaßt, der inneren Verwaltung im engeren Sinne 
direkt gegenübergestellt ). 
Eine nähere Betrachtung der geltenden Vorschriften und ein Rückblick auf ihre 
Vorgeschichte ergibt nun, daß man nach der Rechtsauffassung des Badischen Gesetz- 
gebers das Beiwort polizeilich nicht auf dasjenige Gebiet beschränken darf, welches 
von der im gemeinen deutschen Staatsrecht und vor allem auch von der in Preußen 
herrschenden Ansicht für die Polizei in Anspruch genommen wird, sondern daß man 
über den Sicherheits= und Ordnungszweck hinausgehend eine jede Staatstätigkeit als 
eine polizeiliche ansehen muß, welche für Zwecke der inneren Verwaltung in die natür- 
liche Freiheit der Untertanen zugunsten des Gemeinwohles eingreift. 
1) 8# 43, 43 a Verw.G., VO. v. 20. Febr. 1908 (G.u. VOl. S. 63). 
2) § 54 Abs. 5 Ziff. 2 Verw. Ges. 
3) § 54 Abs. 2 des Ges. 
4) & 2 Ziff. 7 VRPfl G. 
5) Vgl. zum folgenden: Jolly, Das PStrGB. usw. 2 Teile, Heidelberg 1864 und 1867; 
Bingner und Eisenlohr, bad. Strafr., Heidelberg 1872; Schlusser, Das bad. Pol.= 
Straf R. (neue Bearbeitung des II. Teiles des letztern Werkes), Tauberbischofsheim 1888, 3. Aufl. 
von E. Müller 1908 (Karlsruhe); ferner die vortrefflichen Ausführungen von Thoma, Der 
Polizeibefehl im bad. R., Tübingen 1906. 
6) VRPflG. 5 2 Ziff. 9; 3 3 Ziff. 1, 16, Rekurs Ordg. v. 16. März 1833, Ueberschrift des Ges. 
v. 29. Juli 1864. VO. v. 8. Okt. 1884.
	        
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