326 Die innere Verwaltung. Das Gesundheitswesen. 8 104
zunehmen, die zum Zwecke eines Kurgebrauchs aus öffentlichen Mitteln unterstützt
werden 1).
2. Die Vorschriften über die Aufnahme von Geisteskranken oder
geistesschwachen Personen in eine öffentliche oder private IFrrenan-
stalt sind bisher ausschließlich im Verordnungswege ergangen 2).
Für die Aufnahme ist erforderlich: a) ein von den nächsten Angehörigen des Kran-
ken oder von dessen Vormund, bei armenrechtlich Hilfsbedürftigen ein vom unter-
stützungspflichtigen Armenverbande nach Anhörung der Angehörigen oder des Vor-
mundes gestelltes Aufnahmegesuch, dem eine bezirksärztliche oder vom Bezirksarzte
bestätigte Schilderung der Seelenstörung des Erkrankten beigelegt sein muß; b) eine
schriftliche Aeußerung des Bezirksamtes über die Statthaftigkeit der Aufnahme. Sind
die Angehörigen an der Antragstellung verhindert, und ist ein Vormund noch nicht be-
stellt, so kann in eine öffentliche Anstalt die Aufnahme auch auf den Antrag der
mit der Pflege des Kranken befaßten Personen seitens des Bezirksamtes verfügt
werden, um eine geregelte Krankenbehandlung herbeizuführen.
Von Amts wegen, ohne Antragstellung Beteiligter, kann die Einwei-
sung in eine öffentliche Anstalt erfolgen, und zwar a) seitens des Bezirksamtes,
wenn der Kranke für sich oder andere gefährlich, wenn sein Zustand für die
öffentliche Sittlichkeit anstößig, oder wenn der Kranke in Bezug auf Aufsicht und Pflege
verwahrlost ist. In diesen Fällen sind Zeugen über den Zustand des Kranken
zu vernehmen, auch ist der Gemeinderat zu hören, ob sich nicht eine andere
Unterkunft ermöglichen lasse, ferner ist die oben erwähnte Krankengeschichte bei-
zubringen; vor der Einweisung ist endlich noch der Bezirksrat zu vernehmen eventuell
nach Erhebung eines Gutachtens der Direktion der Frrenanstalt, b) auf An-
ordnung des Gerichtes zur Beobachtung des Geisteszustandes eines Angeschul-
digten, c)h auf Anordnung des Vormundschaftsgerichtes, d) bei Strafgefangenen
auf Anordnung des Minist. der Justiz, des Kultus und Unterrichts.
Eine fürsorgliche Aufnahme in eine der öffentlichen Anstalten kann in
Fällen dringender Art erfolgen, wenn dies von dem Antragsberechtigten verlangt
und wenn die Dringlichkeit entweder durch Tatsachen nachgewiesen und seitens
des Bezirksamtes oder Bezirksarztes bestätigt wird, oder mittels persönlicher
Untersuchung seitens des Vorstandes einer öffentlichen Irrenanstalt des Landes
festgestellt ist. Beim Mangel eines Antrages kann unter den oben angeführten
Voraussetzungen das Bezirksamt eventuell auch hier von Amts wegen einschreiten.
Die Zuführung des Kranken in die Anstalt darf jedoch nur mit Zustimmung
der Anstaltsdirektion geschehen.
In andere öffentliche Krankenanstalten (Kreispflegeanstalten,
Bezirks-, Gemeinde-, Stiftungs= und Korporationsspitäler) können Geisteskranke
oder Geistesschwache dauernde Aufnahme nur finden auf Vorlage eines ärzt-
lichen Zeugnisses, welches erklärt, daß die psychiatrische Behandlung und die
1) VO. v. 9. Mai 1908 (G.u. VOl. S. 107).
2) Ldh. VO. v. 3. Oktob. 1895 (G. u. VOl. S. 367). Deren Grundlage bildet ein unbestritten
anerkannter Satz des Gewohnheitsrechtes; vgl. hierzu Freudenberg, Zeitschr. 1907 S. 177
und Jellinek, System S. 246. Die gesetzliche Regelung des einschlagenden Gebietes ist in
Aussicht genommen.